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WBG Friedrichshain
von der Arbeiterwohnungsgenossenschaft zur Wohnungsbaugenossenschaft

5.000 Menschen
4.300 Wohneinheiten
ca. 9,40 Euro/m2 warm

Die Wohnungsbaugenossenschaft Friedrichshain ist eine eingetragene Genossenschaft, die seit 1955 als Arbeiterwohnungsgenossenschaft der Berliner Bremswerke entstand. 1995 wird das Tochterunternehmen GfWOB mbH (Gesellschaft für Wohnungsverwaltung und Objektbetreuung mbH) gegründet, welches ca. 2.500 Wohnungen verwaltet, überwiegend in der Rechtsform des Wohnungseigentums. 2014 zählt die WBG Friedrichshain 5.000 Genossen und Genossinnen und besitzt rund 4.300 Wohneinheiten in Friedrichshain und Lichtenberg. Das Programm beinhaltet überwiegend Wohnen.
Ein Wohnberechtigungsschein ist zum Anmieten eines Großteils der Wohnungen erforderlich. Mehrere Gästewohnungen in Alt-Hohenschönhausen und Friedrichshain stehen für Mitglieder und Nichtmitglieder der Genossenschaft zur Verfügung. Weitere Angebote für GenossenInnen sind Ferienwohnungen an der Ostsee, an den Mecklenburgischen Seen, in Thüringen und im Harz. Darüber hinaus bietet die WBG ein großes Angebot für Mitglieder, für Alt und Jung. Dazu zählen Seniorenarbeit, der Genossenschaftsclub sowie das Genossenschaftszentrum mit einem breiten Spiel- und Sportangebot.
Die WBG Friedrichshain ist eine Genossenschaft, die sich sowohl NutzerInnenbedürfnissen, als auch sich veränderten äußeren Gegebenheiten anpasst. Von einer Arbeitergenossenschaft mit 17 Interessenten entwickelte sie sich zu einer der großen Wohnungsbaugenossenschaften Berlins. Sie schafft günstigen Wohnraum für eine breite Masse von unterschiedlichen Menschen. Nach der Wende führte die sogenannte Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungsunternehmen zu den größten Änderungen der Genossenschaft. Mit der Teilentlastung verpflichteten sich Genossenschaften zügig Wohnungsbestand instand zu setzen sowie 15% des Wohnungsbestandes vorrangig an ihre Mieter zu veräußern. Hinzu kamen notwendige Sanierungsarbeiten. Daraufhin wurden mehr und mehr Wohnungen verkauft. Mehr als die Hälfte sind 60 Jahre nach Gründung an MieterInnen verkauft.

 

Stadt bezahlbar für Alle? Wer bezahlt?

Selbstbau mit staatlicher Bereitstellung von Bauland, Übernahme der Erschließung, zinslose Kredite. In der “Verordnung über die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter und der Rechte der Gewerkschaften” von 1953 sichert der Staat (DDR) den Genossenschaften unentgeltliche Bereitstellung von Bauland (welches aber offiziell Staatseigentum blieb), Übernahme der Erschließungsarbeiten und zinslose Kredite in Höhe von bis zu 85% der Baukosten zu. Die Arbeiter selbst übernahmen Arbeitsleistungen am Bau und kauften Anteile (anfänglich meist mit pauschal 2.500 Mark) der Genossenschaft. Die heutigen Anteile belaufen sich auf zwei Pflichtanteile zu je 155€ und beispielsweise weiteren vier Anteilen für eine 1-Raum-Wohnung, demnach 620€.

Wer entscheidet was?

Die Bestände der Genossenschaft umfassen 4.300 Wohneinheiten, davon 1.800 Mietwohnungen verwaltet von der Wohnungsbaugenossenschaft und 2.500 Eigentumswohnungen, verwaltet vom einem Tocherunternehmen. Die Vertreterversammlung der Genossenschaftsmitglieder, die mindestens 50 Mitglieder umfassen muss wählt den Aufsichtsrat. Dieser tagt mindestens 2 mal pro Jahr. Das kontinuierliche Tagesgeschäft wird von einem technischen und kaufmännischen Vorstand (mindestens zwei Mitglieder) verrichtet. Über Änderungen der Satzung, Auflösung der Genossenschaft oder die Umwandlung der Genossenschaft muss mit einer 2/3 Mehrheit von der Vertreterversammlung entschieden werden.

Wieso, Weshalb, Warum?

Als Antwort auf den vom Staat nicht ausreichend hergestellten Wohnraum bilden Arbeiter*innen eigenständige sozialistische Genossenschaften. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Deutschland große Wohnungsnot und Hunger. Während es im Rest Europas in den frühen 1950er Jahren zu einem Aufschwung kam, ging der Wiederaufbau der Sowjetunion, der DDR und anderer Ostblockstaaten deutlich langsamer voran. Die Verfassung der DDR 1949 sah zwar eine Wohnraumsicherung für alle Bürger vor, konnte diesem Ziel aber erst in den 70er Jahren nachkommen. In den 1950er Jahren schlossen sich deshalb Arbeiter zu sozialistischen Genossenschaften zusammen, um der Wohnungsnot entgegen zu wirken.

... und wie kam es dazu?

  Protest gegen untragbare Lebensverhältnisse mit Einforderung von Maßnahmen dagegen. Am 17. Juni 1953 gingen zahlreiche Arbeiter auf die Straße, um unter anderem gegen die Verschlechterung der Lebensverhältnisse zu protestieren. Die einige Monate darauf folgende Verordnung sah die “Zulassung der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften als freiwilliger Zusammenschluss von Arbeitern, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz zum genossenschaftlichen Bau und Erhalt von Wohnungen” vor.

Wem gehört die Stadt?

Die Privatisierung genossenschaftlichen Eigentums beginnt nach dem Zusammenbruch des politischen Systems. Die meisten der Häuser der WBG befinden sich in Lichtenberg, umgeben von anderen Mietshäusern. Ein Teil der Häuser stehen in Friedrichshain, wo zunehmend Gebäude privatisiert, saniert und teuer vermietet werden. Die Spekulation ist enorm.
Damals wurden Grundstücke den Genossenschaften vom Staat (DDR) unentgeldlich zur Verfügung gestellt. Die Häuser waren genossenschaftliches Eigentum. Nach der Wende begann die Genossenschaft aufgrund von finanziellen Hürden und der Altschuldengesetze Wohnungen an Mieter zu verkaufen. Mehr als die Hälfte der Wohnungen der WBG sind nun in Privatbesitz. Die Grundstücke auf denen die Häuser stehen sind jedoch vorwiegend noch für die Bevölkerung zugänglich.


Quellen:

  • http://www.wbg-friedrichshain-eg.de/index.php/unsere-genossenschaft/geschichte.html
    • Satzung vom 21.06.2011
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft
  • fig:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/66/Bundesarchiv_Bild_183-1987-0128-310,_Berlin,_Marzahn,_Neubaugebiet,_Wohnblocks.jpg
  • fig: http://www.hhgym.de/fileadmin/daten/16.Juni_a.jpg
  • http://www.berliner-zeitung.de/archiv/wohnungsbau-genossenschaft-feiert-jubilaeum-im-bauwagen-wurde-wache-geschoben,10810590,9016286.html

 

Recherche von Tina Keller
Grafiken – sofern nicht anders gekennzeichnet – von Tina Keller
im Rahmen des Projektlabors Selbstverwaltet Kommunal