Regenbogenfabrik

1981

Berlin

1.300qm Nutzfläche, 900qm Freifläche

5.000 – 7.000 BesucherInnen / Tag

 

Der Regenbogenfabrik Block 109 e.V. wurde 1984 im Rahmen der “Berliner Linie”1 und des daraus resultierenden “Legalisierungsvertrages” (befristet für ein Jahr) gegründet. Dies verhinderte die Räumung des besetzten Geländes. 1992 kaufte das Land Berlin, von dem damaligen Eigentümer und Immobilienhändler, die Liegenschaft zum langfristigen und umfassenden Erhalt und übertrug sie in das Vermögen des Bezirks Berlin-Kreuzberg. Dieses schloss mit dem Projekt einen Mietvertrag. Im Zuge dessen erhielt das Projekt von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales eine Förderung/Unterstützung, mit welcher die Miete finanziert werden konnte. Die Fabrik begann ein Kinder-, Kultur- und Nachbarschaftszentrum zu etablieren, welches weitreichende externe Effekte initiierte, wie identitätsstiftendes nachbarschaftliches Zusammengehörigkeitsgefühl. In den folgenden Jahren musste die Fabrik weitere Hürden, wie beispielsweise die Streichung der senatsgeförderten finanziellen Unterstützung oder auch die fortwährende Unsicherheit bzgl. der Eigentumsverhältnisse des Geländes meistern. 2011 wurde dann ein Erbbaurrechtsvertrag zwischen dem Regenbogenfabrik Block 109 e.V. und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einer Laufzeit von 30 Jahren geschlossen. Eigentümerin des Geländes ist der Bezirk Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, welcher die Nutzung und Entwicklung weiterhin dem Regenbogenfabrik Block 109 e.V übertrug/überträgt. Der Verein setzt sich aus verschiedenen Projekten/Nutzer*innen zusammen und ist als basisdemokratische Plena mit gleichem Stimmrecht für alle und Konsensentscheidungen organisiert. Die Schaffung selbstbestimmter Arbeitsplätze und die Entwicklung des Geländes inkl. der historischen Bebauung stehen programmatisch für die Philosophie des Vereins, welche nicht nur im Kiez stark vernetzt sind.

 

Stadt bezahlbar für Alle? Wer bezahlt?

Der Verein Regenbogenfabrik Block 109 e.V. agiert nach den Prinzipien einer so-
lidarischen Ökonomie. Er finanziert sich über die Einnahmen der verschiedenen Projekte, wie dem Hostel als Haupteinnahmequelle, der Kantine, dem Café, der Kuchenbäckerei, den Selbsthilfewerkstätten (Holz und Fahrrad), dem Kino und der Kindertagesstätte. Über die Verwendung des erwirtschafteten Gewinns wird basisdemokratisch und im Konsens entschieden. Diese Form der Entscheidungsfindung ist zwar langwieriger, aber nachhaltiger und beständiger.

Wer entscheidet was?

Alle tragen die Verantwortung!
Das bedeutet, dass Entscheidungen basisdemokratisch und im Konsens getroffen werden. In diese Entscheidungsstruktur werden auch eherenamtliche Mitarbeiter*innen einbezogen. Basisdemokratische Konsensentscheidungen: Alle Entscheidungen werden von allen getroffen durch direkte Partizipation. Ziel ist es, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die im Sinne aller sind.

Wieso, Weshalb, Warum?

Dass „jede Arbeit – unabhängig von Tätigkeit und Ausbildung – gleich viel wert ist und entsprechend entlohnt wird. Ziel ist es, je nach individuellen Fähigkeiten sowie Möglichkeit und Erfordernissen im Projekt, sinnvolle, selbstbestimmte Arbeitsplätze zu schaffen, in denen sich Jede/r selbst verwirklichen kann und gleichzeitig zur Idee und Qualität des Gesamtprojektes beiträgt.“

Wem gehört die Stadt?

1981 wurde das ehemalige Gelände einer Chemiefabrik besetzt, um es dem Ent­wicklungsdruck des Eigentümers zu entziehen. Nach Jahren der Illegalität und Verhandlungen, Ungewissheit und finanziellem Druck konnte 2011, nach 30 Jahren, ein Erbbaurrechtsvertrag mit dem Bezirk Berlin Friedrichshain-Kreuzberg für weitere 30 Jahre abgeschlossen werden. Das Land Berlin kaufte das Grundstück 19921 und übertrug es dem Bezirk, welcher seinerseits die Nutzung weiterhin in die Hände des 1984 gegründeten Regenbogenfarbik Block 109 e.V. übergab.

... und wie kam es dazu?

Nach der Besetzung des Geländes 1981 und dem Beginn des Legalisierungsprozesses 1982, gründete sich 1984 der Regenbogenfabrik Block 109 e.V.. Der Legalisierungsvertrag wurde 1984 mit dem damaligen Eigentümer für 1 Jahr geschlossen. Nachdem 1985 das Berliner Abgeordnetenhaus den Kauf des Grundstückes beschließt, wird der Verein durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales gefördert. Die Förderung wird Anfang der 1990er Jahre aufgrund fehlender Grundvoraussetzungen, wie der tatsächliche Kauf des Grundstücks, eingestellt. 1992 kauft das Land Berlin die Liegenschaft und übergibt sie dem Bezirk Berlin-Kreuzberg. Dieser überträgt die Nutzung und Entwicklung dem Verein. 2011 wird der Erbbaurrechtsvertrag für 30 Jahre zwischen Eigentümerin und Nutzerin geschlossen.


Begrifssklärung und Quellen:

  • www.regenbogenfabrik.de
  • “Berliner Linie” oder auch “Berliner Linie der Vernunft” bezeichnet eine Verordnung des Berliner Senats von 1981, wonach “neu besetzte Häuser sofort, bereits besetzte Häuser aber nur auf [Straf]Antrag der Hausbesitzer und bei rechtlichen Voraussetzungen für die Sanierung geräumt werden sollten, ansonsten waren sogenannte Legalisierungsverträge vorgesehen.” (http://www.luise-berlin.de/historie/spitze/zukap5/hansjochenvogel.htm)
    Quellen: Bild: online verfügbar unter: http://photos.uncorneredmarket.com/keyword/kreuzberg/ — Kollektiv Betriebe. Berlin. http://www.kollektiv-betriebe.org/kollektive-betriebe/kategorien/wir-machen-alles/regenbogenfabrik/ — Kreuzberger Chronik. Berlin. http://www.kreuzberger-chronik.de/chroniken/2012/november/Reportagen.html — Regenbogenfabrik. Berlin. http://www.regenbogenfabrik.de/index.html.
  • Solidarische Ökonomie: Die Zielsetzung einer “solidarischen Ökonomie” bezieht sich auf das wirtschaftliche Denken und Handeln in Verbindung mit sozialen, kulturellen und politischen Zielen. Dies bedeutet v.a., dass die Art des Wirtschaftens, das Angebot der Produkte und Dienstleistungen und die Verwendung des erwirtschafteten Gewinns einen holistischen (ganzheitlichen/umfassenden) und gemeinnützigen Ansatz verfolgt.
    Quellen: www.regenbogenfabrik.de; http://itkam.org/2012/12/wie-ein-soziales-unternehmen-trotz-kurzungen-innovativ-arbeitet-ein-interview-mit-anette-schill/; Bilder: www.regenbogenfabrik.de; Kino: http://www.globale-filmfestival.org/index.php?id=20; UG: www.ug-ltd.de/unternehmergesellschaft.html.
  • Anette Schill, Regenbogenfabrik, im Interview mit der ITKAM, der Italienischen Handelskammer für Deutschland, 21. Dezember 2012
  • Anfang der 1990er Jahre, nachdem das Berliner Abgeordnetenhaus bereits 1985 den Kauf beschlossen hatte, zog die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales die Förderung zurück. Dies beruhte auf den fehlenden Grundvoraussetzungen in den Eigentumsverhältnissen. Hintergrund: Der Finanzsenat verweigerte den Kauf, da der Umweltsenat die Bodensanierungen nur unter der Bedingung der Übernahme der Kosten für die Beseitigung durch den Eigentümer oder das Land Berlin erfüllen wollte.
    Quellen: http://www.kollektiv-betriebe.org/kollektive-betriebe/kategorien/wir-machen-alles/regenbogenfabrik/; SÜDOST-EXPRESS 81-88; Flyer der Regenbogenfabrik zum 30-jährigen Jubiläum, März 2011; Festschrift 25 Jahre
    Regenbogenfabrik., Berlin 2006: Chronik, S. 61.

 

Recherche und Grafiken von Beatriz Termeer
im Rahmen des Projektlabors Selbstverwaltet Kommunal