Grand Hotel Cosmopolis

Augsburg
2011
2600qm

Das Grandhotel Cosmopolis ist die Kombination eines Hotels mit einer Gemeinschafts-Unterkunft sowie einem Atelierhaus unter einem Dach. Im Mittelpunkt stehen die Menschen und das gleichwertige Recht aller am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Eine Gruppe von Künstler*innen mietete 2011 das leerstehende Haus in Augsburg von der Diakonie. Ihr Konzept vereinte den Wunsch nach bezahlbarem Kunst- und Kulturraum mit dem Vorhaben der Regierung, dort dringend ein ‘Asylunterkunft‘ unterzubringen. Das Gebäude wurde in den folgenden drei Jahren von der wachsenden Gruppe ‘Grandhotel Cosmopolis’ renoviert, gestaltet. In einem langsamen dynamischen, offenen Prozess werden die unterschiedlichen Bestandteile des Konzeptes umgesetzt und weiterentwickelt. Bei diesen Aneignungsprozessen wird die Nachbarschaft sehr stark miteinbezogen. Diese Interaktion findet nicht nur durch öffentliche Veranstaltungen statt, sondern auch die Lobby des Grandhotel ist ein Treffpunkt für Reisende, Geflüchtete und Augsburger*innen.

Die Grandhoteliers sind eine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen, immer wieder kommen neue dazu und andere verabschieden sich. Jede*r aktive Unterstützer*in im Haus kann an den basisdemokratischen Entscheidungsprozessen partizipieren. Trotz der Beweglichkeit in der Gruppe, bleibt die Idee der Gemeinschaft bestehen.

Stadt bezahlbar für Alle? Wer bezahlt?

Anfang

Grafik vom Gebäude: ExRotaprint gGmbH Projektlabor – http://www.exrotaprint.de/

Ausgangssituation: Eine Gruppe von Kunst- und Kulturschaffenden hatten das ehemalige Altersheim entdeckt, um dort bezahlbare Arbeitsräume und einen Ort des Austauschs zu schaffen. Aufgrund zunehmender ‘Asylbewerberzahlen’ brauchte die Regierung dringend Unterkünfte und beabsichtigte das gleiche Ge-bäude dafür zu nutzen. Die Eigentümerin war die Diakonie. Sie hatte keine konkrete Verwendung für das Objekt, nur Kosten wegen des Leerstands. Die Gruppe hat daraufhin das Konzept Grandhotel Cosmopolis entwickelt, das künstlerische Aneignung eines Ortes mit einer selbstverwalteten Gemeinschafts-Unterkunft verbinden und dadurch eine produktive Verknüpfung unterschiedlicher Interessen ermöglichen sollte. Die Diakonie stellte das sanierungsreife Objekt drei Jahre mietfrei zur Verfügung. Die Gruppe renovierte das Objekt (erstmal nur mit Genehmigung zur Nutzung als Altersheim), begann ein baurechtlich tragfähiges Umbau und Nutzungskonzept in Selbstorganisation, aber auch mit Firmen und Fachpersonen zu erarbeiten und startete den Organisierungsprozess. Das Projekt gewinnt immer mehr Anerkennung und die Finanzierungsstruktur entwickelt sich durch die prozesshafte Einbindung unterschiedlicher Akteuren weiter. Seit 2014 zahlt das Grandhotel monatlich Miete an dıe Eigentümerin. Der Regierungsbezirk ist die Mieterin der Bereiche der Asylbewerber*innen-Unterkunft. Die Diakonie finanzierte auch anteilig die Renovierungskosten. Dazu kommen die Einnahmen der Hotelgäste und die Ateliermieten. Eine Selbstverwaltung der Gemeinschafts-Unterkunft war aus verwaltungsrechtlichen Gründen nicht möglich, ebenso keine individuelle Möblierung der Zimmer durch die zukünftigen Bewohner*innen mit Hilfe von gesammelten Sachspenden.

Wer entscheidet was?

Zur treuhänderischen Bewirtschaftung schließen GSE und Bezirksamt einen Grundstückstreuhand- und Auflassungsvertrag auf Grundlage des GSE-Treuhandvertrages mit dem Land Berlin. Die Treugeber der GSE, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und die Senatsverwaltung für Finanzen, müssen dem Grundstückstreuhand – und Auflassungsvertrag zustimmen. Bei tr

Die Hoteliers, die Unterstützer*innen, die aktiv im Grandhotel mitarbeiten sind die Organisator*innen des Projektes. Die anderen fomal beteiligten Akteure ( Diakonie, Regierung) stehen eher im Hintergrund. Neben einem Kernteam, das das Projekt initiiert und von Anfang an begleitet haben, sind die Hoteliers eine bewegliche, veränderliche Gruppe, die zusammen basisdemokratisch Entscheidungen trifft. In den regelmäßigen Plena steht allen Helfer*innen die Möglichkeit offen, die anstehenden Fragen mit Rücksprache mit zu entscheiden – unabhängig von Dauer und Intensität ihres Engagements. Wichtig ist hier Verbindlichkeit und Verantwortungsbewusstsein. Alle, die die Entscheidung treffen, das Haus zu nutzen ( Arbeitende, Bewohner*innen und Besucher*innen) sind Mitgestalter*innen des Prozesses.

Rechtsform ist nicht gleich interne Organisation: Eher aufgrund formaler Anforderungen und steuerlicher Vorteile wurde im Juli 2012 der gemeinnützige Verein „Grandhotel Cosmopolis“ gegründet. In der Praxis hat der Vorstand die Verantwortung, aber nicht die Entscheidungshoheit.

Am Mittagstisch, bei dem Menschen mit höchst unterschiedlichen (kulturellen, gesellschaftlichen und Bildungs-) Hintergründen vereint sind, entsteht die Atmosphäre, in der sich alle wohl fühlen, sich zu informieren und die eigene Meinung einzubringen.

euhänderischer Bewirtschaftung durch die GSE kann der kommunalpolitische Einfluss des Bezirks erhalten bleiben.

Wieso, Weshalb, Warum?

“Das Grandhotel Cosmopolis ist die konkrete Utopie, eine grenzenlose, kosmopolitische Alltagskultur zu verwirklichen, in der sich Flüchtlinge, Reisende, Gäste, Künstler und Nachbarn begegnen und willkommen fühlen.” (Zitat Homepage Stand 2013)

Die Vorstellung dahin zu kommen war, dass die Idee, statt des Geldes, das Konzept, statt das Kapital zählt. Das Praktizieren der o.g. konkreten Utopie verbunden mit dem Ziel darin selbstorganisiert und dauerhaft abgesichert zu sein ist die Grundlage der gemeinsamen Alltagspraxis.

Wem gehört die Stadt?

Im Grandhotel Cosmopolis herrscht eine außergewöhnliche Mieter-Eigentümer Beziehung. Durch Vorstellung ihres Konzeptes erhielt die Gruppe von Künstler*innen das Gebäude mietfrei für drei Jahre von der kirchlichen Eigentümerin Diakonie Augsburg in einer Art Anhandgabe. In der Zeit konnte die Gruppe ihren Prozess verwirklichen, sich mit der Zeit (finanziell) entwickeln und ab Anfang 2014 Miete an dier Eigentümerin bezahlen.

Mit dieser Unterstützung entstand aus dem Objekt eines kirchlichen Trägers mitten inm Augsburger Domviertel ein selbstbestimmter Ort, gestaltet und angeeignet von seinen Nutzer*innen. Da geflüchtete Menschen gleichberechtigt Teil dieser Gemeinschaft sind, wird versucht im Alltag für sie den Raum zu schaffen am städtischen Leben teilzunehmen und die Stadt mitzugestalten.

... und wie kam es dazu?

Beim Grandhotel Cosmopolis zählt nicht das Ziel eines fertigen, perfekten Endzustand, sondern der Prozess selber. Die Bestandteile des Konzepts wurden nicht alle und nicht gleichzeitig umgesetzt, sondern in einem langsamen, dynamischen Verlauf entsprechend der Priorisierung, Interessen und Kapazität der beteiligten Unterstützer*innen.

Über 100.000 unbezahlte Arbeitsstunden (Stand 2013) wurden in den ersten zwei Jahren geleistet. Der offene, flexible Prozess lässt Raum zur Aneignung durch alle. Angebote zum Mitentscheiden, Mitwirken, Mitgestalten ermöglichen das Gefühl des eigenen Hauses.Durch selbstbestimmte Partizipation und aktive Teilhabe und Unterstützung unterschiedlichster Personen entsteht ein vielseitiger Lernprozess und nicht reines selbstloses Engagement.


Recherche von Asli Varol
im Rahmen des Projektlabors Selbstverwaltet Kommunal

Quellen: www.grandhotel-cosmopolis.org