Der 1.Mai und kollektive Perspektiven – das Soziale ins Zentrum.

Die „Revolutionäre 1.Mai Demonstration“ steht ins Haus und wir sind angefragt worden, ob wir den Aufruf für ein soziales Zentrum – und eine entsprechende Besetzung – unterstützen möchten. An dieser Stelle dazu einige Gedanken von uns.

Bündnis Stadt von Unten

Wir sind froh, dass das Eventhafte des 1.Mai einer Überprüfung unterzogen wird und wir sind ebenso froh, dass die Notwendigkeit sich mit den DemonstrationsteilnehmerInnen über dieses Event hinaus zu verbinden und zu organisieren erkannt wurde. Wir sind auch froh, dass über Nischen hinaus gedacht wird und die Verankerung in der Stadt und in den Stadtteilen zu einem wesentlichen Faktor für die gemeinsame Organisierung benannt wird.

Als Bündnis mit einem aktuellem Schwerpunkt in Kreuzberg 61 und in der direkten Konfrontation mit der Privatisierungspolitik der Bundesrepublik Deutschland, wissen wir was es heißt, wenn die „endlose Anhäufung von Kapital“ wichtiger ist als die Bedürfnisse der BewohnerInnen eines Stadtteils und der Stadt Berlin. Im Zuge der Privatisierung von staatlichem Eigentum durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sollen erneut 4,7 ha Land an ein global agierendes Unternehmen veräußert werden. Das „Gelände hinter dem Finanzamt Kreuzberg“ wurde für 36€ Millionen, gegen den Protest der Nachbarschaft und gegen Protest quer durch die lokale Politik, an die European Property Group Holding Aktiengesellschaft (EPG) in der Gestalt der „Dragoner Höfe GmbH“ verkauft, zumindest sind die Verträge schon gemacht. Mitgewirkt haben lokale „Projektentwickler“ wie Arne Piepgras (Stattbad Wedding), die sich als Zwischenhändler anbiederten, um ihren Teil des wertvollen Kuchen abzusichern. Mit der aktuellen Situation, dass der Bundesrat den Verkauf vorerst aufgeschoben hat, sind wir noch lange nicht bei unserer 100 % Forderung angelangt.

Innerhalb des Bündnis und in der Nachbarschaft ist der Unmut und die Wut auf diese Politik und den „freien Markt“ groß, in den letzten Jahren und auch Jahrzehnten konnten wir die Veränderungen im Kiez beobachten – in Kreuzberg 61 gibt es aktuell keine Positivbeispiele. Mietsteigerung und Privatisierung stehen weit oben auf der Agenda und die sozialen Orte verschwinden.

Die Antwort des Bündnis bestand von Anfang nicht nur in Abwehrkämpfen, diese sind wichtig und müssen geführt werden, ihnen gilt unsere Wertschätzung. Dabei darf aber auch nicht untergehen, dass wir auch eine konkrete Utopie, eine Vorstellung wo es hingehen soll, wie wir zusammen leben wollen und wie das organisiert sein soll, entwickeln. Es geht darum wie wir unser Alltagsleben – welches ständig Angriffe erfährt – besser und kollektiv mit und in der Nachbarschaft bestreiten können. Und es geht auch darum welche Forderungen wir auf dem Weg dorthin erheben.

Der Aufruf der Radikalen Linken zitiert David Harvey: „Die Frage, welche Art von Stadt wir wollen, kann nicht getrennt werden von der Frage, welche sozialen Beziehungen, welche Beziehung zur Natur, welche Lebensweisen, Technologien und ästhetischen Werte wir uns wünschen. Der Kampf um das Recht auf Stadt ist weit mehr als das um den individuellen Zugang zu urbanen Ressourcen. Er ist der Kampf um das Recht, uns selbst zu verändern, indem wir die Stadt verändern“. Der Aufruf zum Sozialen Zentrum ergänzt dies mit folgenden Sätzen: „Wir brauchen einen Ort, an dem es möglich ist, sich zu treffen, zu diskutieren, zu arbeiten, zu lachen, zu feiern – und vor allem zu kämpfen. Direkte Solidarität zu üben, sich zusammenzuschließen und sich zu unterstützen; einfach gesagt, einen Ort, um gemeinsam Pläne für eine bessere Zukunft zu schmieden und eine Gegenmacht aufzubauen.“

Die Kraft in David Harveys Zitat liegt darin dem Wunsch wieder einen Platz im Alltag und in der Politik zu geben, wir stehen nicht ohnmächtig vor einem Götzen, sondern sind in der Lage soziale Beziehungen und Stadt zu verändern. Wir finden es richtig die Frage zu stellen, wo wir mit dieser Grundlage in die Produktion gehen, an welchen Orten wir anfangen andere Beziehungen herzustellen und lebendig werden zu lassen.

Aus unserer Alltagspraxis wissen wir, dass diese Produktion in unseren alltäglichen Kämpfen schon Wirklichkeit ist, aber dennoch, es braucht Orte, an denen wir dies sichtbar machen. Orte die zugänglich sind. Orte, in denen diejenigen, die an einer anderen Stadt mitwirken ansprechbar sind. Orte, in denen eine andere Stadt probiert und gelebt wird. Die abstrakte Ebene der vielen kleinen Gruppenprozesse braucht konkrete und erfahrbare Orte. Ein „Soziales Zentrum“ lebt in erster Linie von einer gemeinsam geführten Debatte, weniger von einem einmaligen Event und einem einzelnen Aufruf.

Bündnis Stadt von Unten, April 2015

PM – Entscheidung vertagt / Bündnis Stadt von Unten fordert den Rückzug des Investors

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Die Entscheidung über den Verkauf des Dragonerareals, die heute im Finanzausschuss des Bundesrats auf der Tagesordnung stand, wurde verschoben. Im Vorfeld hatte das Bündnis Stadt von Unten mit breiter Unterstützung der Nachbarschaft in Kreuzberg 61 zahlreiche Gespräche mit Politikern verschiedener Parteien und Ebenen geführt und durch eine Mailaktion an die Finanzminister, an der sich über 1000 UnterstützerInnen beteiligten, Druck aufgebaut.

Mehrere Bundesländer – neben Berlin auch Brandenburg, Bremen und Schleswig-Holstein – hatten sich bereits öffentlich zu einer Ablehnung des Verkaufs bekannt. Weitere Bundesländer konnten sich bis heute zu keiner klaren Position durchringen. 13 von 16 Ländern fordern jedoch eine Änderung der BimA-Politik und folgen damit einem Vorschlag Berlins.

Die Verschiebung der Abstimmung gibt die Chance andere Länder von der Unsinnigkeit des Verkaufs zu überzeugen. Über diesen ersten Erfolg freut sich das Bündnis Stadt von Unten. Unermüdlich hatte man auf die systemische Problematik des Höchstbieterverfahrens verwiesen, durch das automatisch spekulative, vor allem an Profit interessierte Projektentwickler zum Zuge kommen. Im Getriebe der Bundespolitik scheint sich endlich die Erkenntnis breit zu machen, dass eine unnachhaltige Haushaltspolitik nicht über einer wirklich sozialen Wohnungspolitik stehen darf. Die Privatisierungsideologie scheint zu bröckeln.

Das Bündnis Stadt von Unten fordert den Investor „Dragonerhöfe GmbH“ auf, vom Kauf zurück zu treten. Das Land Berlin ist selbst an einer Übertragung des Geländes von der BImA interessiert um hier bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Dem Investor wird das auch öffentlich nicht zugetraut. Nach eigener Aussage wolle man die „Vorstellungen und Forderungen von Politik und Gesellschaft“ beachten. So bleibt als konsequentes Handeln nur der Rückzug vom Kauf.

Sie Stadtgesellschaft fragt sich, mit wem will der Investor hier entwickeln, wenn keiner in Berlin sein Anliegen unterstützen kann?

Erst wenn die Privatisierung des Geländes gestoppt ist, kann das vom Bündnis Stadt von Unten seit über einem Jahr geforderte Modellprojekt Stadt von Unten realisiert werden, dass wirkliche bezahlbare Mieten selbstverwaltet und kommunal umsetzen wird.

VertreterInnen des Bündnis sind ab 15:00 auf dem Gelände zu finden, es wird ein wenig gemeinsam gefeiert.

Bündnis Stadt von Unten

23.04.2015

GASTBEITRAG: Brief an NOVEM PR / Frau Döcker

Am 21.04.2015 erreichte uns eine Pressemeldung der Dragonerhöfe GmbH, auf diese sind wir gestern mit einer eigenen Pressemitteilung eingegangen. Als Reaktion erreichte uns ein offener, humoristischer Brief an die Pressesprecherin Ulrike Döcker. Diesen Brief findet ihr nun auch auf unserem Blog. Wir wollten euch nicht vorenthalten zu welchen Reaktionen die PR Arbeit der Dragonerhöfe GmbH führt.

Sehr geehrte Frau Döcker,

keine schlechte Nummer für den Einstieg in das Projekt! So kurz vor der Bundesratsentscheidung haben Sie zur Einstimmung schon mal ein veritables Trojanisches Pferd aus dem Hut gezogen. Was uns glücklicherweise den weiteren Programmverlauf der Vorstellung im Dragonerhöfe-Varieté anzeigt: Hypnosedarbietungen, Messerwerfen auf menschliche Drehscheiben und zersägte Jungfrauen.

Bleibt abzuwarten, ob die Bundesländer in der Bundesratssitzung Ihr Manöver durchschauen. Schliesslich lassen Sie auf der Website Ihrer Marketing- und Werbeagentur Novem PR ganz tief in Ihre Trickkiste blicken.
Dort findet sich beispielsweise, „wie Medien funktionieren und wie man erfolgreich mit ihnen kooperiert“. Medien trügen „Produkte in die Herzen der Konsumenten und tadeln Unternehmen für verwerfliches Verhalten.“ Sie selber wüssten natürlich um die „Spielregeln, die eingehalten werden müssten“. Mit der Wahl der richtigen Instrumente, wie “gut dotierte Marketingbudgets, Kampagnen und strategische Kommunikationsplanungen“ gelingt es, jedes Publikum zu fesseln. Und weiter: Novem PR begleitet Kommunikationsinitiativen für global denkende Kunden“. Die Kenntnis von „werblich transportierten Emotionen und Lifestyle-Botschaften“ müssten mit „dem Profil der Zielgruppe“ übereinstimmen.

Aber kommen wir nochmal auf das Trojanische Pferd zurück, aus dem nach Vorstellungsschluss ihre Assistenten klettern – denn diese haben in der Trickkiste ihre Visitenkarten hinterlegt.

Auf der einen steht kurz und bündig „Pimp your Advertising“, was ja immerhin Rückschlüsse auf die Menge der heissen Luft zulässt, die sie ins Zelt blasen, um für eine angenehme Atmosphäre zu sorgen. Die andere ist da schon etwas auskunftsfreudiger: Die „langjährige, persönliche Assitentin eines bekannten Industriellen“ sei „mit Ansprüchen einer kosmopolitischen Klientel bestens vertraut“. Sie könne „Zutritt zu geschlossenen Zirkeln rund um den Globus“ verschaffen.

Chapeau!

Das Publikum ist begeistert – die Illusion perfekt.

Wie gut, dass Sie den arbeitsreichen Alltag vieler engagierter Politiker_innen und Bürger_innen etwas aufgeheitert haben.

Und nun gehen wir zur Tagesordnung über…

Norbert von Schmidt zu Schmitt

 

Update 27.04.2015: Die Firma E.Kaup & Cie ist als Reaktion auf diesen Brief aus der Firmenbeschreibung verschwunden, zur Sicherung hier nochmal entsprechendes original: Zum Bildschirmfoto.

PM Panik in letzter Minute

Pressemitteilung

Panik in letzter Minute

Der Investor des Dragonerareals versucht kurz vor der Entscheidung im Bundesrat Stimmung für sich zu machen. Welche Geschichte kommt als nächstes?

Am Donnerstag, den 23. 4. 15, wird im Finanzausschuss des Bundesrats darüber abgestimmt, ob das ehemalige „Dragonergelände“ hinter dem Finanzamt Kreuzberg an die Dragonerhöfe GmbH, ein global agierender spekulativer Immobilieninvestor, verkauft wird. Nach starkem Gegenwind aus Kreuzberg, Berliner Politik und Presse versucht der Möchtegern-Eigentümer in letzter Minute gute Stimmung zu erzeugen.

Wir hinterfragen hier die Argumente aus der heutigen Presseerklärung der Dragonerhöfe GmbH, formuliert von der eigens angeheuerten PR-Agentur Novem PR:

Die Dragoner Höfe GmbH ist auf der Suche nach dem „typisch(en) Kreuzberger Leben der Vielfalt“ und wollen einen „neuen, authentischen Kreuzberger Kiez entwickeln“. Die Authentizität Kreuzbergs ergibt sich daraus, dass sich die Menschen selbstverwalteten politischen und kulturellen Freiraum schaffen und daraus, dass Kleingewerbe existiert. Das muss nicht neu entwickelt werden, das gibt es schon. Damit lässt sich aber wenig bis kein Profit machen und dürfte dementsprechend unattraktiv für eine Aktiengesellschaft, wie die EPG Global Property Invest, die hinter der Dragonerhöfe GmbH steht und die per se auf Profitmaximierung ausgelegt ist, sein.

Alle Meldungen in der breit versendeten Pressemitteilung der Dragonerhöfe GmbH sind blumige Absichtserklärungen, weil, wie die Pressesprecherin schreibt, erstmal wirtschaftlich geplant werden muss. Es gibt keinerlei vertragliche Vereinbarung oder dauerhafte Selbstverpflichtung für das Gesagte. Heute versuchen sie noch schnell, eine bessere Presse zu bekommen, am Donnerstag nach der Bundesratsentscheidung sieht alles gleich anders aus. Das kennen wir schon aus der Verkaufsgeschichte dieses Geländes, und das kennen wir schon von EPG. So wurde Piepgras nur als Strohmann eingesetzt, der jetzt ausgedient hat, um ein spektakuläres Grozs-Museum anzukündigen. Kurz darauf war davon keine Rede mehr.

Einen typischen Kreuzberger Kiez für das typische Kreuzberger Leben der Vielfalt – will das Investorenkonsortium das?

Typisch Kreuzberg ist: ein Kiez mit einer bunten Mischung an Leuten und verschiedenen, vor allem sehr niedrigen Einkommen. Alleinerziehende auf Mindestlohn, ein Drittel Migrant_innen, illegalisierte Flüchtlinge, dazwischen Lehrer_innen oder zu Geld gekommene Kreativwirtschaftler_innen, junge Leute in Clubs und zugedröhnt, Altersarmut, prekär lebende Akademiker_innen aller Altersstufen, Dealer_innen. Vollgesprühte Wände, Kinderläden, besetzte Häuser, Sozialeinrichtungen, Fixerstuben, Lautstärke tags und nachts und gegenseitige Toleranz, Drogen, Kinderlärm und Wagenburgen….

Um ihre investierten 36€ Millionen wieder an die Aktionäre auszahlen zu können, kann die Dragonerhöfe GmbH aber nur für Hochverdienende planen. Alles andere ist Augenwischerei.

Kreuzberg braucht die günstigen Wohnungen zu 3,50 Euro/qm nettokalt, sozialverträgliche Mieten von 4,50 Euro/qm und gerne auch für die besser Verdienenden Wohnungen für 6,80 Euro/qm. Meint die EPG das mit ihrem Programm? Oder fangen ihre sozialverträglichen Mieten bei 9,50 Euro/qm netttokalt an und gehen bis 16 Euro/qm, wie das zur Zeit alle Bauträger tun, die in Kreuzberg bauen. Es ist für Kreuzberg nicht besser, wenn Miet- statt Eigentumswohnungen gebaut werden, solange diese unbezahlbar sind.

Kreuzberg braucht nicht noch mehr Cafés und Restaurants, sondern Platz für Autoschrauber_innen und kleine Handwerksfirmen. Keine teuren Galerien, sondern billige Ateliers für am Rande des Existenzminimums arbeitende Künstler_innen.

Das einzig (zur Zeit leider) typisch Kreuzbergerische werden die hohen Mieten sein. Kreuzbergs Angebotsmieten liegen aktuell mit an erster Stelle in Berlin.

Die Pressemitteilung verspricht außerdem ein langfristiges Engagement auf dem Gelände, die GmbH wolle Verwaltung und Vermietung selbst übernehme. Bisherige Praxis Beteiligten Gesellschafter ist die Entwicklung und schnelle Verwertung (sprich Weiterverkauf spätestens nach Fertigstellung) von Immobilienprojekten. Wie schon ihre Webseite sagte: minimize risks, maximize profits.

Auch die Wahl des Namens Dragonerhöfe GmbH, zeigt dass man sich offensichtlich nicht und entgegen der Verlautbarung in der PM mit lokalen Akteuren auseinander gesetzt hat. Der Bezirk kämpft seit vielen Jahren und Jahrzehnten darum, dass das Gelände nicht diesen militärischen Namen trägt. Die Geschichte des militärischen Standorts und z. B. der außergerichtlichen Hinrichtungen dort in den Revolutionsjahren 1918/19 ist hinlänglich bekannt. Und jetzt kommt der nächste Projektentwickler und findet diesen Namen auch noch typisch Kreuzbergerisch.

Bündnis Stadt von Unten

stadtvonunten.de info@stadtvonunten.de

Unsere Pressemitteilung als *.pdf: PM-Panik-in-letzer-Minute.pdf


 

Mailaktion zur Abstimmung über Privatisierung im Bundesrat

Am 23.04.2015 entscheidet der Finanzauschuss des Bundesrats über den Verkauf von zwei Grundstücken der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Berlin. Wieder einmal soll zum Höchstpreis privatisiert werden. Darunter auch das Dragonerareal in Berlin-Kreuzberg, welches an ein international agierende Aktiengesellschaft verkauft werden soll. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hatten keine Chance, sie konnten beim Höchstpreis nicht mithalten.

Wir Sagen: Schluss mit der Privatisierung! Wie fordern die Verantwortlichen auf den Verkauf der Liegenschaften zu stoppen und den Ankündigungen einer anderen Liegenschaftspolitik endlich Taten folgen zu lassen. Der Verkauf wird maßgeblich vom Finanzminister Schäuble und der ihm untergeordenten Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vorangetrieben, im Finanzauschuss des Bundesrats jedoch hat die SPD eine mehr als komfortable Mehrheit, aber auch Grüne und Linke können und müßen ihren Beitrag zur Verhinderung der Privatisierung beitragen.

Unterstützt unsere E-Mail-Aktion!

Unter diesem Link (Aktion ist beendet!) haben wir ein Mailformular vorbereitet, mit dem ihr ganz unkompliziert an die MinisterInnen schreiben könnt. Passt unseren Mustertext nach Euren Vorstellungen an oder formuliert einen eigenständigen Text. Eine Verlinkung zu deren Mailadressen (Aktion beendet!) findet ihr auch auf der Seite.

Wir bitten Euch, schickt eine Mail an die Mitglieder des Ausschusses. Nehmt Euch die Zeit. Und leitet diesen Link und Informationen  weiter.

PM // Platzt der Dragoner-Deal?

2015-04-20-Pressemitteilung_SvU

Platzt der Dragoner-Deal?

Ausverkauf der Stadt kann noch gestoppt werden

Abstimmung über den Verkauf des Dragonerareals im Bundesrat

Am 23.04.2015 entscheidet nun der Finanzausschuss des Bundesrats über die Veräußerung zweier Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Berlin-Kreuzberg. Der Ausschuss entscheidet über eine Immobilie am „Lützowufer“ und über das sogenannte „Dragonerareal“. Hier bietet sich den Parteien erneut die Gelegenheit ihren Versprechungen zu einer Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik des Bundes Taten folgen zu lassen.

Anders als im Haushaltsausschuss des Bundestags, der dem Verkauf zustimmte, liegt die Entscheidung im Finanzauschuss des Bundesrat stark in der Hand von SPD, Grünen und Linken, die neun von 16 FinanzministerInnen stellen. Von Seiten des Berliner Finanzsenators Kollatz-Ahnen, SPD, gab es bereits Signale, dass Berlin gegen den Verkauf stimmen wird, die Entscheidung hierzu trifft der morgen tagende Senat (21.04.2015) . Es bleibt zu hoffen, dass die anderen Länder dem Signal folgen und endlich ein deutliches Zeichen gegen den Ausverkauf der Städte und für eine nachhaltige Haushaltspolitik setzen. Der kurzfristige Gewinn für den Bundeshaushalt wird kaum die langfristigen Folgekosten für eine verfehlte Wohnungspolitik und die dadurch entstehenden Kosten für Transferleistungen aufwiegen können.

Mit der Entwicklung günstigen Wohnraums ist durch den Käufer des Dragonerareals nicht zu rechnen. Hinter der „Dragonerhöfe GmbH“ steht ein international agierender Immobilienfonds, der in der Vergangenheit durch seine spekulativen und für seine Anleger hoch profitablen Projekte aufgefallen ist.

Das Höchstbieterverfahren durch die BImA führt dazu, dass solche Investoren auf ehemals öffentlichem Land freies Spiel haben. Wie passt das mit Versprechungen zu mietendämpfenden Maßnahmen durch alle Parteien zusammen?

Um auf dieses Missverhältnis hinzuweisen, startet das Bündnis Stadt von Unten eine Mailing-Kampagne an Vertreter der SPD und in den entsprechenden Gremien, in der sie an die Politiker appelliert ihrer Verantwortung gerecht zu werden und gegen den Verkauf zu stimmen. Die Aktion wird im laufe des nachmittags unter veröffentlicht.

Weitere Informationen zum Abstimmungsverfahren im Bundesrat:

In der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrats am 23.4.2015 wird sowohl über den Verkauf des Dragoner-Areals als auch des Lützow-Ufers abgestimmt, da beide Verkäufe über 15 Mio. Euro liegen. Die Abstimmung findet nur im Finanzausschuss statt. Dabei gilt das Prinzip „Ein Land, eine Stimme“. Das heißt, alle Länder haben das gleiche Stimmrecht, im Gegensatz zum Bundesratsplenum.

Der Finanzausschuss müsste mehrheitlich beschließen, in die Veräußerung einzuwilligen. Das heißt, dass Enthaltungen nicht wie in der Abstimmung im Bundestag als Zustimmung zählen, sondern eine Zustimmung unwahrscheinlicher machen. Zur Beschlussfassung reicht die einfache Mehrheit, Stimmenthaltungen werden nicht berücksichtigt.

http://stadtvonunten.de

info@stadtvonunten.de

 

Dokumente:

  • Hintergrund zur Dragonerhöfe GmbH als .pdf
  • Stellungnahme von Baustadtrat Hans Panhoff zum Verkauf als .pdf

Berichterstattung:

 

Kreuzberger Horn Nr. 23 // Eine konrete Utopie für den Kiez

2015-kreuzberger_hornDie Kiezzeitschrift Kreuzberger Horn bringt in der aktuellen Frühjahrsausgabe ein ausführliches Interview mit zwei VertreterInnen unserer Initiative. Anlass für das Gespräch war die Ausstellung „Projekt X-Berg Kollektive Perspektiven“ im Rathaus Kreuzberg.

Eine konkrete Utopie für den Kiez – Interview zur Stadt von Unten- und TU-Ausstellung im Rathaus: “Projekt X-Berg – Kollektive Perspektiven“ lautete der Titel einer Ausstellung, die im Rathausgebäude vom 27. 2. bis zum 26. 3. gezeigt wurde. Organisiert wurde sie vom Fachgebiet für Städtebau der TU-Berlin (oder Städtebau Lehrstuhl der TU-Berlin) in Zusammenarbeit mit dem ‘Bündnis Stadt von Unten’ und weiteren Kooperationspartnern.

Wer oder was ist eigentlich das globale Kapital?

Die „Dragonerhöfe GmbH“

Als Käufer des Dragonerareals trat im Bundeshaushaltsausschuss die „Dragonerhöfe GmbH“ auf. Wer ist das eigentlich? Hier ein Versuch, einen Einblick in – leider gängige – Praktiken solcher Akteure des globalen Kapitals zu geben.

Es handelt sich bei der Dragonerhöfe GmbH um den sichtbaren Spross eines Geflechts von internationalen Gesellschaften, die jeweiliges Landesrecht zu ihrem Vorteil nutzen – vom Bankengeheimnis in der Schweiz, über Steuervorteile und Investitionsmöglichkeiten in Osteuropa oder Steueroasen wie die Virgin Islands und Liechtenstein. Anonym bleiben dabei die tatsächlichen Investoren, denen „maximum profit“ versprochen wird.

Die Dragonerhöfe GmbH hat ihren Sitz in Wien und gibt als Tätigkeitsbeschreibung die „Verwaltung von Beteiligungen“ an. Sie wurde bereits im Sommer 2013 gegründet, was zunächst widersinnig erscheint, da zu diesem Zeitpunkt der Verkauf des Dragonerareals noch gar nicht anstand. Es ist in der Branche aber gängige Praxis, Gesellschaften auf Vorrat zu gründen. Ursprünglich hatte das Unternehmen der Namen „Ea einhundertsiebzehnte WT Holding GmbH. Als der Kauf des Dragonerareals in trockenen Tüchern schien, wurde sie umbenannt und die Gesellschafter ausgetauscht. Anteilseigner der Firma sind nun drei Gesellschafter: Die European Property Group Holding AG hält 84,90% der Anteile, Herr Dr. Erik Steger 5,10% und die Gerichtstraße 65 GmbH 10%. Wer sind diese Gesellschafter?

Die Gesellschafter der Dragonerhöfe GmbH

Die European Property Group Holding Aktiengesellschaft (EPG) hat ihren Sitz in Chur in der Schweiz. Ihr Zweck ist der „Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen jeder Art im In- und Ausland“ für die sie Aufgaben vor allem „in den Bereichen Management und Finanzierung“ übernimmt. Die mit ihr verbundene Firma EPG Global Property Invest hat unter anderem ein Luxuseinkaufszentrum auf einem ehemaligen Kasernengelände in Prag entwickelt. Während der Immobilienkrise hat die Gesellschaft zusammen mit der McKafka Development Group in Ft. Lauderdale, Florida, USA 62 Luxusapartments gekauft und mit fast 30% Gewinn an europäische und südafrikanische Investoren einzeln weiter verkauft, nachdem sich die Immobilienpreise erholt hatten.

Werner Ebm, der Geschäftsführer der European Property Group in Prag, bot unter anderem bei der Privatisierung der Hypo Alpe Adria 2013 mit. Die Bank war 2009 im Zuge der weltweiten Finanzkrise mit beträchtlichem finanziellem Aufwand notverstaatlicht worden, die Reprivatisierung gilt als einer der Skandale der Finanzkrise. Ebm unterlag einem britisch-indischen Käufer.

Der zweite Gesellschafter, Erik Steger, ist Anwalt bei der international tätigen Kanzlei Wolf Theiss mit Zulassung und Niederlassungen unter anderem in Österreich und Tschechien. Seine Expertise liegt nach Aussage der Kanzlei im Immobilienbereich „in den Bereichen Finanzierungen, Mergers and Acquisitions und Restrukturierungen über besonders tiefgehende Expertise. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Hotel- und Freizeitbranche und in An- und Verkäufen von Gewerbeimmobilien, hier speziell in Transaktionen mit Cross-border Elementen und attraktiven Möglichkeiten für Joint Ventures. Die Kanzlei Wolf Theiss hatte die ursprüngliche Ea einhundertsiebzehnte WT Holding GmbH 2013 mit einer Einlage von 35.000€ gegründet.

Hinter dem dritten Gesellschafter, der Gerichtstraße 65 GmbH, steht als Geschäftsführer Arne Piepgras, die lokale Schnittstelle der Gesellschaft. Dieser Berliner Verbindungsmann der Dragonerhöfe GmbH ist bekannt für Projektentwicklungen, die durch kulturelle Aufwertung mit anschließendem Weiterverkauf schnelle Profite versprechen. So erwarb er beispielsweise das Stadtbad Wedding sehr günstig vom Liegenschaftsfonds des Landes Berlin. Die dort ansässigen Kunst- und Kulturschaffenden haben nicht nur extrem prekäre Mietverträge, sondern leiden auch unter dem schlechtem Zustand des Gebäudes. Es funktioniert zum Beispiel nur eine einzige Toilette. Investitionen in die Gebäudestruktur sahen die Projekte von Piepgras bislang nicht vor. Dass Kultur nur zur aufwertenden Zwischennutzung vorgesehen ist, zeigt ein anderes Beispiel: Die alte Brauerei in der Landsberger Allee 54 erwarb Piepgras 2006 für 3,5 Millionen Euro mit seiner Quantum Immobilienprojektentwicklungsgesellschaft. Die Räume wurden anschließend von Künstlerinnen und Künstlern als Ateliers genutzt. Piepgras versprach ihnen langfristige Möglichkeiten, verkaufte das Gebäude aber 2011 gewinnbringend weiter. Die Ateliernutzerinnen und -nutzer mussten gehen.

Globales Kapital eröffnet Vorteilswelten

Als Geschäftsführer der Dragonerhöfe GmbH werden Werner Ebm, Arne Piepgras und Isabella Ponta genannt. Frau Ponta ist Geschäftsführerin der EPG in Prag, zusammen mit Herrn Ebm. Die Presse, eine österreichische Zeitung, schreibt dazu: „Ebm betreibt derzeit drei Gesellschaften, jeweils mit seiner langjährigen Partnerin Isabella Ponta: die CS-Beteiligungen Gesellschaft m.b.H., die Ost-Real Beteiligungsgesellschaft m.b.H. und die Zentralimmobilien Immobilienverwertungsgesellschaft m.b.H. Der Mutterkonzern der CS ist die zyprische Salmateo Co Ltd, die Ost-Real wiederum gehört der auf den British Virgin Islands beheimateten Pre Real Estate Ltd. Bei den Zentralimmobilien ist eine gleichnamige liechtensteinische Aktiengesellschaft Hauptaktionär.”

das Spiel beginnt neu“

Einen Tag nach der Zustimmung zum Verkauf des Dragonerareals an die Dragonerhöfe GmbH durch den Bundeshaushaltsausschuss ist Ulrike Döcker dem Tagesspiegel gegenüber als Sprecherin der zukünftigen Eigentümerin aufgetreten. Sie ist Inhaberin der österreichischen Werbe- und Kommunikationsagentur Novem PR, die bereits früher mit Ebm und Ponta zusammenarbeitete. Dem Tagesspiegel sagte sie, die Pläne von Piepgras für einen Künstlercampus seien nicht mehr aktuell, „das Spiel beginnt neu“.

Wie dieses „Spiel“ ausgehen wird, lässt sich schon heute absehen: Die Berlinerinnen und Berliner werden verlieren – insbesondere diejenigen, die in der direkten Umgebung des Dragonerareals leben und unter der Aufwertung und drohenden Vertreibung zu leiden haben. Gewinnen wird allein das globale Kapital.