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Wohnmodell Steilshoop
Steilshoop, Hamburg
1973-1983
3889qm Wohnfläche, 450+490qm Gemeinschaftsfläche
Wohnmodell Steilshoop ist deutschlandweit ein erstmaliger Versuch des selbstbestimmten und gemeinschaftsorientierten Wohnens im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungbaus. Das Ziel war gemeinsames Wohnen von Familien, Wohngruppen, Hilfsbedürftigen und Benachteiligten in einem selbst geplanten Gebäude zu verwirklichen. Das Raumprogramm und die Grundrisse wurden in einem zwei jährigen Planungsprozess von Planern und zukünftigen Mieter*innen zusammen geplant. Die Hausverwaltung wurde den Mieter*innen überlassen. Das Wohnmodell bestand aus 37 Wohneinheiten für unterschiedlich grosse Gruppen und Familien. Die Wohnungsgrössen varierten zwischen 50 bis 480qm. Erstes für eine Kleinfamilie und letzteres für eine Wohngruppe aus sechs Familien und Einzelpersonen mit insgesamt 19 Personen.
Warum ist das Wohnmodell eigentlich gescheitert?
Wegen der hohe Bewohnerfluktiation gab es keine ständige Motivation zur Beteiligung, die die hohe zeitliche Aufwand der selbstverwalteten Organisationen entgegenkommen konnte. Es konnte sich kein tragender Kern in der Gemeinschaft bilden, die auf lange Zeit aktiv bleiben. Dieses Problem und dadurch auch das Scheitern des Projektes innerhalb kurzer Zeit hing nicht in erster Linie mit dem Konzept der Selbstverwaltung zusammen. Sondern Aspekte wie das verkehrsungünstige Standort und das negative, einseitige Wohnumfeld in der Neubausiedlung spielte eine grosse Rolle in der Unzufreidenheit. Die von den Planern zu früh festgesetzte Grösse des Wohnmodells mit 200 Personen wurde später als überdimensioniert bewertet. Nach der Auslösung des Modells entstanden Wohngemeinschaften in kleineren Formen als Nachfolgeprojekte. Das Ziel, durch eine hohe soziale Mischung die Probleme der sozial benachteiligte Gruppen zu lösen war zu hoch gelegt.Das Wohnmodell Steilshoop wird als ein sozialpolitisches Experiment über kommunikatives Wohnen gesehen, aus dessen positiven und negativen Erfahrungen vieles für eine alternative Stadtentwicklung gelernt werden kann.
Stadt bezahlbar für Alle? Wer bezahlt?
Das Wohnmodell wurde im Rahmen der üblichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus einschliesslich Mittel für Demonstrativ-Massnahme finanziert. Um die zusätzlich gewünschten Gemeinschaftsräume möglich zu machen, wurde auf die üblichen private Balkonflächen verzichtet und Eigenleistungen bei der Renovierung und Ausstattung der Gemeinschaftseinrichtungen erbracht. Die städtische gemeinnützige Wohnbaugesellschaft SAGA finanzierte zusätzlich eine halbe Verwaltungsstelle im Wohnmodell und die Umbaukosten. Auf-
grund chronisch hoher Mietrückstände, Leerstandverlusten, und den anfallenden Umbaukosten der Grundrissveränderungen von großen zu kleineren Wohneinheiten, hatte die SAGA unerwartet hohe Folgekosten zu tragen.
Wer entscheidet was?
Phase 1: Der Architekt als Initiator mit seinem Netzwerk (Hamburger Bausenator, Urbanes Wohnen eV etc.) findet einen Bauträger, sie entscheiden gemeinsam über den Standort und die allgemeine Struktur des Projektes. Durch öffentliche Veranstaltungen findet sich eine Gruppe der zukünftigen Bewohner*innen zusammen.
Phase 2 : Zukünftige Mieter*innen gründen einen Verein, bilden Arbeitsgruppen um z. B. rechtliche Fragen zu klären und ihr zukünftiges Zusammenleben zu organisieren. Sie gestalten ihre Grundrisse zusammen mit den Planer*innen und treffen auch Enscheidungen über das Raumprogramm (Bsp. Dachterasse statt individuelle Balkone)
Phase 3: Nach der Fertigstellung des Gebäudes wird die ganze Organisation den Mieter*innen überlassen. Sie entscheiden selber wie das Zusammenleben und die Pflege des Hauses funktioniert. Wöchentliches Plenum auf der Dachterasse. Renovierung der Gemeinschaftsbereiche. Öffentlichkeitsarbeit, Neuvermietung der leer werdenden Wohnungen.
Wieso, Weshalb, Warum?
... und wie kam es dazu?
Wem gehört die Stadt?
Die Neubaugebiet Steilshoop umfasst eine Gesamtfläche von 175 Hektar und besteht aus 22 großen, identischen, U- förmigen Blocken. In einem Gebäude des Blocks VI befand das Wohnmodell. Der Standort mit schlechter Verkehrsanbindung und einseitigem Wohnumfeld verursachte Unzufriedenheit bei den Bewohner*innen und ist eine der wichtigsten Gründe für ständig hohe Fluktuation ım Projekt und dadurch auch für das kurze Projekt dauer.
Duch Gemeinschaftseinrichtungen mit unterschiedlichen Nutzungen schaffte das Wohnmodel Vielfalt in einem der Blocks des Wohngebiets. Die Entscheidung zur gemeinschaftlichen Dachterrasse statt zu privaten Balkonen, ist bis heute auf der Fassade sichtbar und erinnert an das damalige Experiment. Die anderen kollektiven Räume, die nach und nach in Eigenarbeit eingerichtet worden waren, wurden mit der Zeit auch zugänglich für den Rest der Nachbarschaft: Kindergarten, eine Teestube bzw. Hauskneipe, Tischtennisraum, Sauna, Vereinsbüro, Werkraum, Kindergarten, Photolabor, Waschküche, Penthaus.
Quellen:
- Selbstbestimmtes und gemeinschaftorientiertes Wohnen, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, 1984, Bonn
Recherche und Grafiken von Asli Varol
im Rahmen des Projektlabors Selbstverwaltet Kommunal