Die „Dragonerhöfe GmbH“
Als Käufer des Dragonerareals trat im Bundeshaushaltsausschuss die „Dragonerhöfe GmbH“ auf. Wer ist das eigentlich? Hier ein Versuch, einen Einblick in – leider gängige – Praktiken solcher Akteure des globalen Kapitals zu geben.
Es handelt sich bei der Dragonerhöfe GmbH um den sichtbaren Spross eines Geflechts von internationalen Gesellschaften, die jeweiliges Landesrecht zu ihrem Vorteil nutzen – vom Bankengeheimnis in der Schweiz, über Steuervorteile und Investitionsmöglichkeiten in Osteuropa oder Steueroasen wie die Virgin Islands und Liechtenstein. Anonym bleiben dabei die tatsächlichen Investoren, denen „maximum profit“ versprochen wird.
Die Dragonerhöfe GmbH hat ihren Sitz in Wien und gibt als Tätigkeitsbeschreibung die „Verwaltung von Beteiligungen“ an. Sie wurde bereits im Sommer 2013 gegründet, was zunächst widersinnig erscheint, da zu diesem Zeitpunkt der Verkauf des Dragonerareals noch gar nicht anstand. Es ist in der Branche aber gängige Praxis, Gesellschaften auf Vorrat zu gründen. Ursprünglich hatte das Unternehmen der Namen „Ea einhundertsiebzehnte WT Holding GmbH. Als der Kauf des Dragonerareals in trockenen Tüchern schien, wurde sie umbenannt und die Gesellschafter ausgetauscht. Anteilseigner der Firma sind nun drei Gesellschafter: Die European Property Group Holding AG hält 84,90% der Anteile, Herr Dr. Erik Steger 5,10% und die Gerichtstraße 65 GmbH 10%. Wer sind diese Gesellschafter?
Die Gesellschafter der Dragonerhöfe GmbH
Die European Property Group Holding Aktiengesellschaft (EPG) hat ihren Sitz in Chur in der Schweiz. Ihr Zweck ist der „Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen jeder Art im In- und Ausland“ für die sie Aufgaben vor allem „in den Bereichen Management und Finanzierung“ übernimmt. Die mit ihr verbundene Firma EPG Global Property Invest hat unter anderem ein Luxuseinkaufszentrum auf einem ehemaligen Kasernengelände in Prag entwickelt. Während der Immobilienkrise hat die Gesellschaft zusammen mit der McKafka Development Group in Ft. Lauderdale, Florida, USA 62 Luxusapartments gekauft und mit fast 30% Gewinn an europäische und südafrikanische Investoren einzeln weiter verkauft, nachdem sich die Immobilienpreise erholt hatten.
Werner Ebm, der Geschäftsführer der European Property Group in Prag, bot unter anderem bei der Privatisierung der Hypo Alpe Adria 2013 mit. Die Bank war 2009 im Zuge der weltweiten Finanzkrise mit beträchtlichem finanziellem Aufwand notverstaatlicht worden, die Reprivatisierung gilt als einer der Skandale der Finanzkrise. Ebm unterlag einem britisch-indischen Käufer.
Der zweite Gesellschafter, Erik Steger, ist Anwalt bei der international tätigen Kanzlei Wolf Theiss mit Zulassung und Niederlassungen unter anderem in Österreich und Tschechien. Seine Expertise liegt nach Aussage der Kanzlei im Immobilienbereich „in den Bereichen Finanzierungen, Mergers and Acquisitions und Restrukturierungen über besonders tiefgehende Expertise. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Hotel- und Freizeitbranche und in An- und Verkäufen von Gewerbeimmobilien, hier speziell in Transaktionen mit Cross-border Elementen und attraktiven Möglichkeiten für Joint Ventures. Die Kanzlei Wolf Theiss hatte die ursprüngliche Ea einhundertsiebzehnte WT Holding GmbH 2013 mit einer Einlage von 35.000€ gegründet.
Hinter dem dritten Gesellschafter, der Gerichtstraße 65 GmbH, steht als Geschäftsführer Arne Piepgras, die lokale Schnittstelle der Gesellschaft. Dieser Berliner Verbindungsmann der Dragonerhöfe GmbH ist bekannt für Projektentwicklungen, die durch kulturelle Aufwertung mit anschließendem Weiterverkauf schnelle Profite versprechen. So erwarb er beispielsweise das Stadtbad Wedding sehr günstig vom Liegenschaftsfonds des Landes Berlin. Die dort ansässigen Kunst- und Kulturschaffenden haben nicht nur extrem prekäre Mietverträge, sondern leiden auch unter dem schlechtem Zustand des Gebäudes. Es funktioniert zum Beispiel nur eine einzige Toilette. Investitionen in die Gebäudestruktur sahen die Projekte von Piepgras bislang nicht vor. Dass Kultur nur zur aufwertenden Zwischennutzung vorgesehen ist, zeigt ein anderes Beispiel: Die alte Brauerei in der Landsberger Allee 54 erwarb Piepgras 2006 für 3,5 Millionen Euro mit seiner Quantum Immobilienprojektentwicklungsgesellschaft. Die Räume wurden anschließend von Künstlerinnen und Künstlern als Ateliers genutzt. Piepgras versprach ihnen langfristige Möglichkeiten, verkaufte das Gebäude aber 2011 gewinnbringend weiter. Die Ateliernutzerinnen und -nutzer mussten gehen.
Globales Kapital eröffnet Vorteilswelten
Als Geschäftsführer der Dragonerhöfe GmbH werden Werner Ebm, Arne Piepgras und Isabella Ponta genannt. Frau Ponta ist Geschäftsführerin der EPG in Prag, zusammen mit Herrn Ebm. Die Presse, eine österreichische Zeitung, schreibt dazu: „Ebm betreibt derzeit drei Gesellschaften, jeweils mit seiner langjährigen Partnerin Isabella Ponta: die CS-Beteiligungen Gesellschaft m.b.H., die Ost-Real Beteiligungsgesellschaft m.b.H. und die Zentralimmobilien Immobilienverwertungsgesellschaft m.b.H. Der Mutterkonzern der CS ist die zyprische Salmateo Co Ltd, die Ost-Real wiederum gehört der auf den British Virgin Islands beheimateten Pre Real Estate Ltd. Bei den Zentralimmobilien ist eine gleichnamige liechtensteinische Aktiengesellschaft Hauptaktionär.”
„das Spiel beginnt neu“
Einen Tag nach der Zustimmung zum Verkauf des Dragonerareals an die Dragonerhöfe GmbH durch den Bundeshaushaltsausschuss ist Ulrike Döcker dem Tagesspiegel gegenüber als Sprecherin der zukünftigen Eigentümerin aufgetreten. Sie ist Inhaberin der österreichischen Werbe- und Kommunikationsagentur Novem PR, die bereits früher mit Ebm und Ponta zusammenarbeitete. Dem Tagesspiegel sagte sie, die Pläne von Piepgras für einen Künstlercampus seien nicht mehr aktuell, „das Spiel beginnt neu“.
Wie dieses „Spiel“ ausgehen wird, lässt sich schon heute absehen: Die Berlinerinnen und Berliner werden verlieren – insbesondere diejenigen, die in der direkten Umgebung des Dragonerareals leben und unter der Aufwertung und drohenden Vertreibung zu leiden haben. Gewinnen wird allein das globale Kapital.
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