Dragonerareal: Anzahlung geleistet – Chance verkauft?
Im Höchstbieterverfahren um das Gelände hinter dem Finanzamt Friedrichshain-Kreuzberg hat der Investor Arne Piepgras eine Anzahlung von 5,4€ Millionen – 15% des Gebots von 36€ Millionen – bei der BImA hinterlegt. Damit ist der erste Schritt für einen Verkauf getan.
Piepgras wirbt für sein Konzept des „Künstlercampus“. Wenn man sich den Sand des „Kulturstandortes“, aus den Augen reibt, wird deutlich, dass neben den geplanten 30 (!) Ateliers und Galerien vor allem mehrere 10.000 m2 Bruttogeschossfläche Gewerbeflächen und ein Hotel nötig sind, um den gebotenen Kaufpreis zu refinanzieren. Kieznahes Gewerbe ist in dieser Planung ausgeschlossen, denn der hohe Kaufpreis erfordert zur Refinanzierung teure Gewerbe- und Wohnungsmieten. Die Planung könnten nach dem derzeit noch gültigen Bebauungsplan aus den 60er Jahren (!) ohne Zustimmung des Bezirks und ohne Bürgerbeteiligung sofort realisiert werden. Wohnungen sind in der Planung nur wenige vorgesehen. Damit verkleinert sich auch der Anteil der vorgesehenen „bezahlbaren“ Wohnungen. Wieder einmal werden Kreuzberger vor eine Planung gestellt, in der sie nicht vorgesehen sind. Denn der hohe Kaufpreis schließt ein Beteiligungsverfahren aus, da er einen sofortigen Baubeginn erzwingt.
Der Verkauf ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Es bleibt fraglich, ob Piepgras aufgrund seiner bekannten Geschichte als Projektentwickler in Berlin überhaupt ausreichend Geldgeber finden wird und die notwendige Seriosität gegenüber diesen darstellen kann. Außerdem muss der Haushaltsausschuss des Bundestages dem Verkauf zustimmen – eine weitere Chance für die Regierungsparteien ihr wohnungspolitisches Engagement zu beweisen.
Am 28. Januar gibt es einen weiteren Verhandlungstermin zwischen Stadtentwicklungsenator Andreas Geisel (SPD) und der Bima.
Am 29. Januar steht das Gelände im Abgeordnetenhaus Berlin auf Antrag der PIRATEN noch einmal öffentlich zur Diskussion. Außerdem fordern die GRÜNEN 300 Potenzialflächen, Liegenschaften bisher ohne Wohnbebauung, in die Verhandlungen zwischen Land und BImA über die Übernahme bundeseigener Liegenschaften mit aufzunehmen.
In einer aktuellen kleinen Anfrage der Grünen heißt es in der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: „Neben dem Ankauf von bestehenden Wohnanlagen ist auch der Erwerb von sogenannten Potenzialflächen für den Wohnungsneubau vorgesehen. Dazu liegt derzeit noch kein Angebot der BImA vor.“
Das Bündnis Stadt von Unten fordert BimA und Land auf das Gelände hinter dem Finanzamt in die Verhandlungen einzubeziehen und den Verkauf von Frei- und Gewerbeflächen zum Höchstpreis ebenfalls zu stoppen.
Bündnis Stadt von Unten:
„Das Dragonerareal ist der Lackmustest für eine neue Liegenschaftspolitik des Bundes. Wer an dieser zentralen Stelle Chancen für Mietenpolitik blind dem Verkauf aussetzt, kann in seinem wohnungspolitischen Engagement nicht ernst genommen werden.“
Wie auch die aktuelle Entwicklung um die Gebäude an der Großgörschen-/Katzlerstraße zeigen müssen beide Verhandlungspartner – BimA und Land – endlich die Belange der Mieter in den Mittelpunkt stellen und nicht länger finanzpolitisches Kalkül.
Das Bündnis Stadt von Unten schlägt ein Modellprojekt „Selbstverwaltet und Kommunal“ vor, das 100% wirklich soziale Wohn- und Gewerbemieten vorsieht, langfristig gesichert und unter Mitbestimmung der Mieter. Denn teure Miet- und Eigentumswohnungen und Gewerbeflächen haben wir schon genug, gerade in Kreuzberg 61, wo in den letzten Jahren fast ausschließlich Projekte umgesetzt wurden, die sich der größere Teil der BerlinerInnen nicht leisten kann.