27. Februar 2015: Ausstellungseröffnung „Projekt X-berg, kollektive Perspektiven.“

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Kreuzberg ist urbane Vielfalt, ein Ort de Integration und galt lange Zeit als Modell für eine inklusive, offene und zugängliche Stadt. Mit einem Bevölkerungswachstum von 50.000 Einwohnern pro Jahr und einem zunehmend von der globalen Wirtschaft geprägten Immobilienmarkt wird auch in Berlin der Zugang zu Stadt und Raum für viele zunehmend schwieriger.

Jede städtebauliche Entwicklung beschreibt eine Verhandlung darüber, wie Raum und Ressourcen strukturiert und verteilt werden sollen. Wir verstehen die akademische Lehre und Forschung als Labor für städtebauliche Theorie und Praxis, als Plattform für Kooperationen mit Verwaltung, Entwicklerinnen, Praktikern und vor Allem mit den Nutzerinnen als Koproduzenten einer besseren städtischen Zukunft!

In zwei Seminaren und einem städtebaulichen Entwurfsstudio wurden gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Kooperationspartnern strukturelle, programmatische und räumliche Potentiale und Möglichkeiten der Produktion von Stadt als Gemeingut untersucht und entwickelt.

DIE ALLMENDE ALS URBANE TYPOLOGIE

Der mittelalterliche Begriff der Allmende ist heute noch in Gebrauch als Bezeichnung für das gemeinschaftliche, nicht verbrauchende Nutzen von Flächenressourcen. Verschiedene Formen historischer Allmenden wurden im Seminar untersucht und in einem zweiten Schritt urbane Freiräume in X-Berg darauf hin getestet, ob sie als Allmenden genutzt werden oder genutzt werden können. Karten von Räumen, Handlungen und Konflikten machen diese Potentiale sichtbar und plädieren für eine Stadt, in der das Private, das Öffentliche und das Gemeinschaftliche neu verhandelt werden.

SELBSTVERWALTET KOMMUNAL

Selbstverwaltete Projekte mit experimentellen Programmen und langfristiger Sicherheit für die Nutzerinnen werden als vorbildhaft für eine soziale und nachhaltige Stadtentwicklung gelobt, ihnen wird aber unterstellt, nicht Breitenwirksam oder multiplizierbar zu sein. In einem interdisziplinären Projektlabor wurden in Kooperation mit dem Bündnis Stadt von Unten die Organisation, die Taktiken und Herausforderungen bestehender selbstverwalteter und kommunaler Projekte und Strukturen untersucht und als Möglichkeitsräume für Dritte nachvollziehbar gemacht.

DRAGONER AREAL

Auf dem Gelände der ehemaligen Garde-Dragoner Kaserne in Kreuzberg wäre aktuell in großem Maßstab Wohnungsbau möglich. Die jüngst von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an kommerzielle Entwickler veräußerte Fläche ist mit 5 ha die zweitgrößte verbliebene innerstädtische Liegenschaft. Auf Grundlage zweier Szenarios, entwickelt mit selbstorganisierten Initiativen, entstanden vier Entwurfsprojekte, die sowohl die Bedeutung des Areals für eine nachhaltige Stadtentwicklung, als auch die Potentiale von kollektiven Modellprojekten untersuchen. Jedes Projekt gleicht die Anforderung einer hohen Nutzungsdichte mit den Vorgaben von Bezirk und Senatsverwaltung ab.

Plakat zur Ausstellung als .pdf

 

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Ein Kommentar

  1. Eine soziale und nachhaltige Stadtentwicklung! Wer kann etwas dagegen haben? Insofern kann die Ausstellung eigentlich gar nicht anders, als genau ins Schwarze zu treffen.

    Was dabei allerdings nicht gefragt wird, wie eine Stadtentwicklung auszusehen hat, die auf einen anhaltenden Bevölkerungswachstum von ca. 40.000 – 50.000 / Jahr reagieren soll. Langfristig kann die Lösung eigentlich nur sein, dass die Stadt sich ins Umland ausdehnt – so wie es früher schon war, als Berlin seine heutige Form annahm (auch Kreuzberg).

    Abgesehen von den planerischen und administrativen Hürden, die mit einer Ausdehnung ins Umland verbunden sind, stellt sich auch die Frage nach den Kosten des Infrastrukturausbaus. Neben den öffentlichen Investitionen in das Verkehrsnetz, Schulen usw, sind es auch noch die Investitionen in Clubs und Kneipen, Szeneläden, die notwendig wären, um annähernd ähnliche Lebensverhältnisse wie in X-Berg zu schaffen. Von den Investitionen in Arbeitsplätze ganz zu schweigen.

    In diesem Sinne scheint diese Idee von einer sozialen und nachhaltigen Stadtentwicklung eher auf der Vorstellung zu basieren, dass die Nutzung von Stadt fast beliebig intensiviert werden kann, und dass Fläche und Infrastruktur fast beliebig zu Verfügung stehen. Das Problem der Grünflächen, die für Bebauungszwecke vernichtet werden, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.

    Falls das jetzige Bevölkerungswachstum tatsächlich einem langfristigen Trend einer Verstädterung entspricht, dann ist die Vorstellung einer beliebig intensiv nutzbaren Stadt wohl nicht realistisch. Eher scheint sich dahinter eine Nutzungskonkurrenz um die dichte und wertvolle innerstädtische Infrastruktur zu verbergen. Wieso diese Konkurrenz öffentlich nicht thematisiert wird, ist nicht Gegenstand der Ausstellung. Auch nicht, weshalb derartige Projekte nicht im Umland oder am Stadtrand geplant sind.

    Insgesamt scheint die Ausstellung dafür zu stehen, wie interessengeleitet verkannt wird, dass die Gesamtheit Stadt als Allmende übernutzt werden kann. Eine wirklich soziale und nachhaltige Stadtentwicklung braucht daher die Aufstellung von Regeln, um eine solche Uebernutzung zu vermeiden. Wenn das nicht auf eine unrealistische Zuzugsbeschränkung hinauslaufen soll, dann braucht es die Ausdehnung der Stadt. Insofern ist die Ausstellung eine Ablenkung von den zentralen Problemen der Stadtentwicklung.

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