Liebe Freunde, liebe UnterstützerInnen,
an dieser Stelle veröffentlichen wir vorab unseren Redebeitrag für die Demonstration „Wem gehört die Stadt? – Solidarisch gegen hohe Mieten & Zwangsräumungen! – Für die Stadt von unten!“ am 9. September. Die Demonstration startet um 14:00 am Oranienplatz in Kreuzberg und wir hoffen viele von Euch dort zu sehen. Mit der Beteiligung an der Organisation der Demonstration unterstützen wir auch aktiv die Kampagne „#Mietenwahnsinn_stoppen“.
Mit 100% gegen den Mietenwahnsinn
Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt sind in den Städten und auch in Berlin nicht zu übersehen. In den Innenstadtbezirken, und nicht nur dort, steigen die Mieten ständig. Verdrängung von Mieter*innen ist an der Tagesordnung. Oft genug helfen staatliche Institutionen in Form von vermieterfreundlichen Gesetzen und mit der Durchsetzung von Zwangsräumungen auch noch mit. Rassistische Diskriminierung und der Ausschluss von Menschen aus den Innenstädten fängt für viele schon früher an, zum Beispiel bei der Wohnungsuche. Besonders hart trifft es diejenigen die wenig Einkommen haben oder Hartz IV beziehen.
Mitverursacht wird das nicht nur durch Deregulierungen, Steuersenkungen für Vermögende und den sozialen Kahlschlag der letzten Jahrzehnte. Ursache ist auch das Verscherbeln öffentlicher Immobilien und Grundstücke zum Höchstpreis. Dies ist Teil der Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Auch dadurch fehlen dauerhaft gute Wohnungen mit wirklich sozialen Mieten.
Die verkauften Wohnungen werden stattdessen ein nächstes hochpreisiges Anlageobjekt für überschüssiges Kapital. Befeuert wird zusätzlich die spekulative Verwertung von städtischen Grund und Boden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) nimmt in dieser Privatisierungspolitik eine Vorreiterinnenrolle ein – und das nicht nur in Berlin. Sie versuchte das sog. Dragonerareal mitten in Kreuzberg in den letzten Jahren mehrmals zum Höchstpreis an private Investoren zu verkaufen. Diese Investoren planten – ganz kreativ – Einkaufscenter oder Eigentumswohnungen.
Wir – die Initiative Stadt von Unten – haben uns als Nutzer_innen des Geländes, als Nachbar_innen und als Teile der Stadtgesellschaft organisiert und diesem Wahnsinn widersprochen. Wir haben gegen die Privatisierung des sog. Dragonerareals gekämpft und gewonnen. Dieses Frühjahr konnten wir endlich einen kleinen Teilerfolg feiern: Das Gelände wird nicht privatisiert, sondern an das Land Berlin übertragen.
Wir wollen auf diesem Gelände mitten in Berlin ein Modellprojekt „Selbstverwaltet und Kommunal“ durchsetzen. Ein Modellprojekt mit 100% wirklich bezahlbaren Mieten, mit demokratischer Teilhabe und mit dauerhafter Absicherung gegen Privatisierungen. Das soll keine Insel der Glückseligen sein während drumherum aufgewertet wird. Dieses Projekt, soll sich ausbreiten, über sich hinauswachsen. Es soll eine konkrete Utopie werden. Diese Utopie soll im Hier und Jetzt aufzeigen, wie Stadtentwicklung jenseits von Profitlogik und technokratischer Planung funktionieren kann.
Doch der Privatisierungsstopp am Rathausblock zeigt auch: Der Ausverkauf der Stadt ist nicht alternativlos. Die sozialen Proteste der letzten Jahre konnten in Berlin noch ein paar weitere Zugeständnisse durchsetzen. Aber der Richtungswechsel hin zu einer wirklich sozialen Wohnungspolitik ist bisher weder hier noch anderswo wirklich zu erkennen.
So stagnieren die Verhandlungen zwischen dem Bund und Berlin über den Erwerb von mehr als 4000 vermieteten Wohnungen. Die Übertragung geht nicht voran, vor allem weil auch hier die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben überhöhte Preise verlangt. Der Bund verweigert sich einer neue Liegenschaftspolitik die wirklich bezahlbaren Wohnraum in den Mittelpunkt stellt.
Auf Bundesebene passiert auch an anderen Stellen nichts: Die sogenannte Mietpreisbremse ist nichts als ein schlechter Scherz und die derzeitige Förderung des sozialen Wohnungsbaus geht völlig am eigentlichen Problem vorbei. Die bisherige Förderung sichert die Profite der privaten Immobilienwirtschaft, anstatt sie zu beschränken. Währenddessen entwickelt sich die Wohnungsnot in unseren Städten bundesweit zu einer sozialen Katastrophe. Die Wohnungsnot wird zum Dauerzustand. So kann es nicht mehr weitergehen!
Wir unterstützen deshalb ausdrücklich die Forderungen der bundesweiten Kampagne „#Mietenwahnsinn_stoppen“. Dazu gehören auch eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und ein Ende der Umlage der Modernisierungskosten auf die MieterInnen.
Die Kampagne ist an diesem Wochenende in Berlin, Nürnberg, Potsdam, im Ruhrgebiet, in Frankfurt und Hannover mit Aktionen sichtbar. Sie fordert konkrete Verbesserungen für die MieterInnen und “ Bezahlbare und gute Wohnungen für alle!“
Wohnen ist ein grundlegendes soziales Recht. Wohnraum als Waren zu verwerten heißt, dieses Recht auf Stadt all denen zu verwehren, die es sich nicht leisten können. Das lehnen wir entschieden ab. Wohnraum muss als soziale Infrastruktur allen zur Verfügung stehen, die ihn brauchen. Wir fordern nicht nur eine einfache Rekommunalisierung, denn wir wollen nicht zurück zum autoritären “sozialen” Wohnungsbau der Vergangenheit. Wohnraum muss selbstverwaltet UND kommunal werden. Auf dem sog. Dragonerareal in Kreuzberg wollen wir zeigen und erproben, wie Stadtplanung als gemeinschaftlicher Prozess neu gedacht und gemacht werden kann.
Wir fordern eine 100% wirklich bezahlbare, zugängliche und langfristig sichere, vielfältige, glitzernde und lebenswerte Stadt von heute und morgen!
Aus diesen Gründen sind wir Teil der Demonstration, um dafür politischen Druck zu machen.
Initiative Stadt von Unten, 07.09.2017
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