Der untige Beitrag ist eine aktualisierte Version unserer Pressemitteilung vom 30.08.2016. Die ursprüngliche Meldung enthielt noch die Information, dass die BImA eine Normenkontrollklage gegen das Sanierungsgebiet Rathausblock durchführt, auch wenn wir uns auf Informationen von ParteienvertreterInnen verlassen haben, hat sich diese bisher nicht bestätigt. Andreas Geisel (Senator für Stadtentwicklung, SPD) äußerte bei seinem Besuch mit Thomas Oppermann (Bundestagsfraktionsvorsitzender der SPD) auf dem sogenannten Dragonerareal, dass die BImA wohl nochmal „eine Nacht darüber geschlafen hätte.“
Dragoner-Areal-Unterhändler Arne Piepgras verkaufte Stadtbad Wedding mit 20-fachem Gewinn // Abrissarbeiten begonnen // Im Landgericht: Gerichtsverfahren zu Abrissstop
2009 erwarb Arne Piepgras das in der Gerichtstraße 65 liegende ehemalige landeseigene Grundstück mit dem Stadtbad Wedding für 270.000 € vom Liegenschaftsfonds Berlin (heute fusioniert mit der landeseigenen Berliner Immobilien Management). Er versprach dort ein Kulturprojekt zu realisieren, selbst zu investieren und an KünstlerInnen zu vermieten, zwischenzeitlich brachte er den Standort auch als Kunsthalle Berlin ins Gespräch.
Im April 2016 verkaufte Arne Piepgras das Stadtbad Wedding für mindestens 5.337.000 € an die Studio B II Berlin GmbH und die Investoren-Gruppe Lambert-Holding um Hans-Werner Weßling und Reinhard Lambert. Bekannt ist Studio B für hochpreisige Studentenappartments die als Kapitalanlage verkauft werden. Teil der Verkaufsstrategie ist es mit der „Energie, Kreativität und dem Schaffensdrang“ der Stadt Berlin zu werben. Der Verkaufspreis ist abhängig von der Baugenehmigung des Bezirks und könnte sich daher weiter erhöhen, er ist an die maximal mögliche Inwertsetzung gekoppelt (Höhe der genehmigten Brutto-Grundfläche / 900€ pro qm² BGF).
Schon im Mai 2015 wurde das Stadtbad Wedding aufgrund einer Mängelanzeige im Bezirksamt Mitte geschlossen und die weitere Nutzung untersagt. Arne Piepgras nutzte die Gelegenheit für die Entmietung des Stadtbades, er selbst hielt sich jedoch nicht an die Nutzungsuntersagung und nutzte die Räumlichkeiten weiterhin als Büro. Dem Großteil der MieterInnen wurde der Zugang zum Gebäude verwehrt. Auch ein Teil der Kunstgegenstände im Stadtbad wurden privatisiert, verschwanden oder sind durch das beauftragte Abrissunternehmen – ohne Zustimmung der KünstlerInnen und EigentümerInnen – entsorgt oder in Wert gesetzt worden.
Am Stadtbad Wedding haben die Abrissarbeiten unterdessen begonnen. Die kleine Schwimmhalle ist bereits abgerissen. Fraglich ist ob diese Arbeiten in dem Umfang genehmigt sind oder ob überhaupt noch etwas vom Stadtbad stehen bleiben wird. Innerhalb des Gebäudes wird zudem Asbest vermutet, die getroffenen Arbeitssicherungsmaßnahmen entsprechen jedoch nicht dem Umgang mit Asbestbelastungen.
Gegen diese Abrissarbeiten wendete sich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Berlin. Der Antrag wurde von der ehemals Stattbad UG (mittlerweile umbenannt in The Real Deal Kulturprojekte UG), mit dem Ziel des Stopp der Abrissarbeiten, gestellt. Begründet wird der Antrag mit noch bestehenden Mietverhältnissen, die dem neuen Eigentümer Studio B II Berlin GmbH trotz Informationsverpflichtung durch Arne Piepgras nicht übermittelt worden sein sollen. Dem Investor wurde kein reiner Wein eingeschenkt, dieser übergeht jedoch das Mietverhältnis, in dem er ihnen mit den genannten Abrissarbeiten begegnet.
Am Verhandlungstag, am Mittwoch dem 31.08.2016, konnte die Richterin im Amtsgericht Tegeler Weg nur noch feststellen, dass „die Macht des Faktischen“ die einstweilige Verfügung bereits überflüssig machte. Die Gegenseite aus Arne Piepgras und den Anwälten der Studio B II GmbH wies durch eine eigens angefertigte Fotodokumentation nach, dass die Abrissarbeiten soweit fortgeschritten sind, dass ein Abrissstopp, dem Antragsteller (The Real Deal) nicht zu seinem Recht der Raumnutzung verhelfen würde. Von Seiten des Antragsteller wurde festgestellt, dass die Abrissarbeiten nach Zustellung des Antrags auf Abrissstopp weiter forciert worden sind. Das Verfahren wurde von der Richterin „in Hinblick auf die mittlerweile erfolgten Abrissarbeiten in der Hauptsache für erledigt erklärt.“ Es erging ein Streitwertbeschluss in Höhe von 350.000 €. In der Sache wurde jedoch nicht entschieden. Im Verfahren konnte man auch erfahren, dass die Studio BII GmbH noch nicht im Grundbuch eingetragen ist.
Wer sich mit dem Investor Arne Piepgras näher beschäftigt, kann hier ein Geschäftsmodell wiederentdecken: Günstig Kaufen, kulturelle Aufwertung durch prekäre Zwischennutzung, Entmietung und Enteignung der NutzerInnen, Verkauf zum vielfachen des Kaufpreises. Angewendet wurde diese Strategie bereits in der ehemaligen Patzenhofer Brauerei in der Landsberger Allee 54, die Vorgänge hier entsprechen dem Muster am Stadtbad Wedding. Auch damals erwies sich eine Nutzungsuntersagung durch das Bauamt des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg als nützlich um die bestehenden MieterInnen loszuwerden.
Arne Piepgras – das ist doch der mit dem Dragonerareal, muß man sich da Sorgen machen?
Arne Piepgras war/ist Höchstbieter im Rennen um das sogenannte Dragonerareal, sein Gebot übertrug er an die sogenannte Dragonerhöfe GmbH um Werner Ebm und Isabella Ponta. Größter Gesellschafter mit 84,9 % ist die European Property Group Holding Aktiengesellschaft (EPG) mit Sitz in Chur in der Schweiz. EPG wirbt mit „projects that return extraordinary profits to our investors.“ Zweiter Gesellschafter ist Erik Steger, Anwalt bei der international tätigen Kanzlei Wolf Theiss mit 5,1 %.
Arne Piepgras ist weiterhin dritter Gesellschafter der Dragonerhöfe GmbH und hält mit der Gerichtsstraße 65 GmbH einen Anteil von 10% am Stammkapital. Trotz Gesellschafteranteil ist er als Geschäftsführer der Dragonerhöfe GmbH bereits – aufgrund des öffentlichen Drucks und seines schlechten Rufes – aus der Schußlinie genommen worden. Die Absetzung spricht für ein wenig vertrauensvolles Verhältnis unter den Gesellschaftern.
Über die Zukunft des sogenannten Dragoner-Areal in Kreuzberg wird seit geraumer Zeit mit dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gestritten, das Land Berlin hat es zwischenzeitlich zum Sanierungsgebiet erklärt um den Druck gegen die Privatisierung zu erhöhen. Der Verkauf ist im Finanzausschuss des Bundesrats durch die Länderfinanzminister vor einem Jahr gestoppt worden, und befindet sich seit dem in der Schwebe. Zuletzt hatte Wolfgang Schäuble versucht das bestehende Recht des Bundesrates zur Mitbestimmung beim Verkauf von wichtigen Immobilien des Bundes abzuschaffen und damit dem Verkauf des sogenannten Dragonerareal den Weg frei zu machen.
Laut RBB vom 25.08.2016 heißt es aus dem Bundesfinanzministerium, „der Investor sei bereit, auch unter den Sanierungsauflagen das Gelände zu entwickeln.“
Unter den oben beschriebenen Umständen müßen sich die Bestandsmieter des Areals jedoch Sorgen machen und es stellt sich die Frage ob einer solchen – bisher allein durch das Bundesfinanzministerium(BMF) übermittelten – Aussage überhaupt getraut werden kann. Für die Initiative Stadt von Unten fällt hierzu die Antwort eindeutig aus: „NEIN!“
Mehr als merkwürdig mutet es an, dass das Bundesfinanzministerium sich offensichtlich als Sprecherin der Investoren-Gruppe um Arne Piepgras, Werner Ebm und Isabella Ponta versteht. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – quasi in Stellvertretung für die favorisierte Dragonerhöfe GmbH – kündigte laut Lisa Paus, Bundestagsabgeordnete der Grünen, die Prüfung einer Normenkontrollklage gegen das Sanierungsgebiet Rathausblock (inkl. Dragonerareal) an. Eine solche Normenkontrollklage kann jede natürliche oder juristische Person führen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Warum also sollte die BImA stellvertretend für den potentiellen Käufer klagen und wer kommt am Ende für die Kosten auf? Will man sich wirklich auf die Seite von Arne Piegras und der Dragonerhöfe GmbH stellen?
Nach den oben beschriebenen Sachverhalten, sollte man sich die Antwort sehr gründlich überlegen, und sich die Frage stellen ob man das Fehlverhalten am Stadtbad-Wedding mit Filetgrundstücken in Kreuzberg belohnen möchte. Am Stadtbad Wedding wiederholte sich die Geschichte der Patzenhofer Brauerei als Tragödie, und es gilt zu verhindern, dass sie sich am sogenannten Dragonerareal als Farce wiederholt.
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