Offener Brief: Quo vadis Grundstücksübertragung?


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Wir haben einen Offenen Brief geschrieben und diesen an Senatorin Katrin Lompscher und Senator Matthias Kollatz-Ahnen versendet , denn bis zum morgigen 30. Juni 2018 sollte das sog. Dragonerareal im Zuge des Hauptstadtvertrags von der BImA an das Land Berlin übertragen werden. Dieser Prozess scheint sich gegenwärtig aus unklaren Gründen weiter zu verzögern. Gerade soll das Dragonerareal in einem kooperativen Prozess von Zivilgesellschaft, Bezirk und Senat gemeinsam entwickelt werden.

Zum gleichen Zeitpunkt verhandelt die Senatsverwaltung für Finanzen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) einen Übertragungsvertrag, ohne Einblick in dessen Eckpunkte zu geben. Der intransparent verhandelte Übertragungsvertrag birgt das Risiko, Festlegungen zu beinhalten, die der von allen Beteiligten angestrebten kooperativen Entwicklung des Dragonerareals vorgreifen und Mitbestimmungsmöglichkeiten stark einschränken.

Stadt von Unten fordert deshalb im Zuge der laufenden Vertragsverhandlungen von den beiden Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Bauen sowie Finanzen eine Stellungnahme zu den im Vertrag verhandelten Festlegungen und eine schriftliche Bestätigung, dass der Berliner Senat zu bereits gemachten Zusagen für eine gemeinwohlorientierte und kooperative Entwicklung des Dragonerareals steht.

Anbei der Offene Brief an beide SenatorInnen.

 

Quo vadis Grundstücksübertragung?

An den Senat,
die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher,
den Senator für Finanzen, Matthias Kollatz-Ahnen,

seitdem die Privatisierung des sog. Dragonerareals durch gemeinsame Anstrengungen der Zivilgesellschaft, des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und des Berliner Senats verhindert werden konnte, haben alle Initiativen, die am Dragonerareal arbeiten, sich stark in den Beteiligungsprozess eingebracht.

Wir alle wenden mehrfach die Woche ehrenamtlich Zeit dafür auf, uns in den Beteiligungsprozess einzubringen und auf dem Areal ein Modell von 100% selbstverwaltet und kommunal zu entwickeln und zu verwirklichen.

In der Regelung der Eigentumsverhältnisse und der Etablierung eines geeigneten Betreibermodells, das Selbstverwaltung im Rahmen kommunaler Eigentumsstrukturen und der Vergabe von Erbbaurechten ermöglicht, sehen wir die entscheidende Voraussetzung, um ein Modellprojekt für eine solidarische Stadtentwicklung zu ermöglichen.

Ein erster wichtiger Schritt dahin ist die Übertragung des Geländes von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) an das Land Berlin, die eigentlich bis zum 30.06.2018 vollzogen sein sollte. Doch wie es scheint, verzögert sich diese Übertragung auf unbestimmte Zeit. Zur gleichen Zeit verhandeln die BImA und der Senator für Finanzen den Übertragungsvertrag, ohne Einblick in die Eckpunkte zu geben, obwohl wir darin eine Voraussetzung sehen, um zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft die Verhandlung weiterer Festlegungen zur Entwicklung des Dragonerareals möglich zu machen.

Auf einer Informationsveranstaltung zum Stand der Grundstücksübertragung des Dragonerareals am 06. November 2017 hat Staatssekretär Sebastian Scheel bereits die nachfolgenden Rahmenbedingungen genannt, die aus Sicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als Grundlage einer Übertragung an das Land Berlin oder eine seiner Beteiligungsgesellschaften im Rahmen einer damals in Aussicht gestellten „Entwicklungsvereinbarung“ maßgeblich sein sollten.

(Bei den folgenden Stichpunkten handelt es sich um Zitate aus einer online einsehbaren Powerpoint-Präsentation/Dokumentation der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen):

  • Offenheit für sich ergebende künftige Grundstücksübertragungs-, Pacht- und Betreibermodelle. Dieses können zum Beispiel sein:
  • Weitervergabe von Teilflächen an Gesellschaft der Gewerbetreibenden bzw. Genossenschaft, Wohnungsbaugenossenschaften, Konzeptverfahren
  • Vergabe von Flächen im Erbbaurecht
  • Baugruppenbildung mit städtischer Wohnungsbaugesellschaft und Nutzerorganisation/Verein/Genossenschaft
  • Langfristige kostengünstige Verpachtung

Auch hinsichtlich einer intensiven Einbindung der politischen Akteure und der Zivilgesellschaft wurden Aussagen getroffen, deren Fortbestand wir im Zuge der Grundstücksübertragung bestätigt bekommen wollen. Diese umfassen:

  • die Sicherung einer transparenten Kommunikationsstruktur
  • der Aufbau eines Steuerungsausschusses zur Gebietsentwicklung
  • die aktive Beteiligung an Gremien der Gebietsentwicklung
  • die Mitwirkung an den Planungsprozessen
  • eine Offenheit für Innovationen, Sicherung hoher Prozess- und Gestaltqualität“

Wir gehen davon aus, dass diese Aussagen als stadtentwicklungspolitische Festlegungen des Berliner Senats nach wie vor Gültigkeit haben. Wir halten es für enorm wichtig, dass deren Umsetzung in Folge einer Grundstücksübertragung an das Land Berlin weiterhin möglich ist und im weiteren Beteiligungs- bzw. Kooperationsprozess in Zusammenarbeit mit den Initiativen und der Nachbarschaft konkretisiert werden können.

Mit Bezug auf die Aussagen von Staatssekretär Scheel fordern wir, dass der verhandelte Vertrag Raum für ein solches innovatives Eigentums- und Betriebsmodell lässt und eine Erbbaurechtsvergabe von Flächen an Träger, die im Sinne einer Gemeinwohlorientierung für Gewerbetreibende und Mieter*Innen agieren, möglich macht. Wir fordern, dass die Kooperationsvereinbarung, die derzeit erarbeitet wird und die das Fundament für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe bilden soll, die Grundlage für die gemeinsame Entwicklung des Geländes sein soll. Wir fordern weiterhin, dass der Vertrag keine Punkte beinhaltet, die die Kooperationsvereinbarung im Ganze oder Teile dieser unmöglich machen oder ihr vorgreifen.

Damit das Dragonerareal dauerhaft und unveräußerlich in kommunalem Eigentum bleibt, muss die Eigentümerstruktur mit der Einrichtung eines Bodenrats demokratisiert werden. Ein grundsätzlich anderer Umgang mit der Ressource Boden ist für uns Voraussetzung eines Stadtentwicklungsprojekts mit 100% sozialen Wohn- und Gewerbemieten, das dauerhaft gegen Privatisierung abgesichert ist. Mit der Übertragung des Dragonerareals an das Land Berlin bietet sich die Chance, durch ein Modellprojekt zu zeigen, wie progressive mietenpolitische Entwicklungen und Bodenpolitik aussehen können!

Da wir in die gegenwärtig laufenden Verhandlungen zwischen Berlin und dem Bund keinen Einblick bekommen, bitten wir hiermit um eine schriftliche Bestätigung, dass der Berliner Senat zu seinen bereits gemachten Zu- und Aussagen steht.

Auf eine baldige Antwort hoffend und mit freundlichen Grüßen,

Initiative Stadt von Unten

 

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