George Grosz: Sehr verehrter Hochstbietender…

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Wie in der Presse letztes Jahres verlautbart, soll das sogenannte Dragoner für 36 Millionen Euro an den Höchstbieter gehen. Wie so oft benutzt der Spekulant die Kunst als Feigenblatt. Dort soll nämlich angeblich ein George Grosz Museum entstehen und Künstler-Ateliers.

Als Neujahrseinstieg, hier etwas, das George Grosz schon 1920 dazu geahnt und geschrieben hat:

Der Individualitäts- und Persönlichkeitskult, der mit den Malern und Dichtern getrieben wird, und den sie selbst, je nach Begabung, noch scharlatanhaft steigern, ist eine Kunstmarktangelegenheit. Je „jjenie“hafter die Persönlichkeit, um so größer der Profit.

Wie kommt der Künstler heute in der Bourgeoisie hoch? Durch Schwindel!!
Meistens als proletarische Existenz anfangend, im dreckigen Atelier hausend, mit unbewußter, bewunderungswürdiger Anpassungsfähigkeit nach „oben“ strebend, findet er bald einen Bonzen von Einfluß, der ihn „macht“, das heißt: seinen Weg auf den Kapitalmarkt ebnet. Gelegentlich kreuzt seinem Weg ein Mäzen, der ihm hundert Mark monatlich gibt, dafür seine ganze Produktion stiehlt;

oder er verfällt dem Kunsthändler — der bläst dem bürgerlichen Sammler Kauflust ein für alles. Immer feste natürlich mit Hilfe der geistigen Begriffe, die gerade die Konjunktur erfordert;

Dazu werden alle alten Requisiten des Heiligen- und Gottschwindels, viel Kosmik und Metaphysik herbeigeholt, wird mit dicken Backen in die Ewigkeitsposaune geblasen. Hinter den Kulissen zynischer Betrieb Eingeweihten gegenüber („Wo du nicht bist, Herr Organist, da schweigen alle Flöten!“), nach außen priesterhafte Kulturförderergeste.

So verlangt es das System — und das Geschäft blüht.

Berlin, 16. August 1920, GEORGE GROSZ.
Quelle: JUNGE KUNST – Band 21 //  http://archive.org/

Frohes Neues, wünscht das Bündnis Stadt von Unten … und noch sind nicht alle Messen gesungen!

Meldungen zum Verkauf:

P.S. Vielen Dank für die Unterstützung durch die IG Groka.

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