Ein ereignisreicher Tag liegt hinter uns. Am Vormittag nimmt die BImA stellvertretend den Pinocchio-Preis entgegen, gegen Mittag vertagt der Finanzausschuss des Bundesrats erneut den Verkauf des Geländes und am frühen Abend demonstrieren wir unter dem Titel „Wir brauchen Platz!“. Der Aktionstag endete mit einer mobilen Projektion des Labors für angewandte Meinungsäußerung.
Ab 18 Uhr füllte sich der Marheinekeplatz nach und nach. Etwa 250 NachbarInnen, MieterInnen und AktivistInnen sammelten sich um unter dem Titel „Wir brauchen Platz!“ gegen die Privatisierung des „Dragonerareal“ und für eine wirklich soziale Stadtpolitik zu demonstrieren. Im Gepäck: gute Nachrichten. Der Verkauf des sogenannten Dragonerareals ist ein zweites Mal an den FinanzministerInnen der Länder gescheitert, diese votierten erneut für eine Vertagung.
Mit 12 zu 4 Stimmen scheiterte der Bund bei seinem Bemühen den Verkauf sang- und klanglos über die Bühne zu bringen. In der Ankündigung der Tagesordnung des Finanzauschusses war der Punkt „Dragoneraeal“ bis zum Schluß nicht zu finden, die Öffentlichkeit sollte in voller Absicht im Dunkeln stehen gelassen werden. Aber auch in der Sitzung versuchte der Bund – wider besseren Wissens – die FinanzministerInnen an der Nase herumzuführen. Argumentiert wurde mit dem längst hinfälligen „Künstlercampus“-Konzept des Investors. Der „Investor“ kündigte jedoch schon vor Wochen gegenüber der Presse an „bei Null anfangen“ zu wollen, gut das diese durch den Bund benutzten Versprechungen in der Sitzung widerlegt werden konnten.
Auch Finanzminister Kollatz-Ahnen teilt die Auffassung des Bündnisses Stadt von Unten zum Gebaren des Investors und bestätigt in einer Pressemitteilung, dass die Ausgangsbedingungen für wirklich bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum mit dem Höchstbieter „Dragonerhöfe GmbH“ und dahinter stehender „European Property Group Holding Aktiengesellschaft“ denkbar schlecht sind.
„Es ist nicht davon auszugehen, dass unter den Verkaufsbedingungen ohne verbindliche Auflagen künftig auf dem Areal Wohnen zu sozialverträglichen Bedingungen möglich sein wird. Auch die, für den Kiez, typische Berliner Mischung wird sich unter solchen Bedingungen dort wohl nicht mehr umsetzen lassen“, sagte Kollatz-Ahnen im Finanzausschuss, der Extra für diesen Punkt eine andere Sitzung verlassen mußte.
Zeitgleich zur Abstimmung im Finanzausschuss überreichte das Bündnis Stadt von Unten, zusammen mit MieterInnen der BImA von der Schöneberger Interessengemeinschaft Grossgörschen- & Katzlerstraße den Pinocchio-Preis für Flunkerei und Schönreden an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Anlass für den Preis sind die Berichte, die dem Finanzauschuss zur Entscheidung vorgelegt wurden, in welchen wesentliche Fakten weggelassen oder verstellt wurden. Stephan Regeler, Verkaufsleiter der BImA für Berlin, versicherte gegenüber dem Bündnis Stadt von Unten, dass die Berichte vollständig und sorgfältig erstellt an das Finanzministerium übersandt wurden. Da es der BImA freigestellt wurde den Preis an die verantwortliche Stelle weiterzugeben, wird nun hausintern der Verbleib des Preises geprüft.
Nach den aktuellen Entwicklungen ist die Weiterleitung an das Bundesministerium für Finanzen durchaus zu empfehlen, bei diesem gibt es dem Vernehmen nach Befürchtungen, dass der „Investor“ vom Verkauf abspringt. Das Bündnis Stadt von Unten würde dies begrüßen, viel Zeit, Geld und Risiko würde dadurch gespart bleiben. Ganz nach dem Motto des Investors „Minimum Risk, maximum profits“…
Mit einsetzendem Nachthimmel projezierten die Künsterinnen des Labors für angewandte Meinungsäußerung, kurz L.A.M., mit einer mobilen Beamerstation, Wünsche, Fragen und Sorgen von KreuzbergerInnen zur Zukunft des Kiezes an die Hauswand des Hostels am Eingang zum Mehringdamm.