Stimmen der MieterInnen des Dragonerareals zum Verkauf

WIR SIND KIEZ. UND WIR WOLLEN BLEIBEN.

Die Stadt Berlin wirbt bei fast jeder Gelegenheit mit seiner bunten Kultur- und Kreativ-Szene. Wir sind Teil davon. Seit fast 20 Jahren sind wir Clubbetreiber in Berlin, bieten Berliner Künstlern eine Plattform, bringen internationale Vorreiter in die Stadt. Wir veranstalten Konzerte und Clubabende aus den diversesten musikalischen Bereichen: Von Elektronica, House über Jazz, Soul, Funk, HipHop, Klassik zu Bass, Dubstep und Drum’n’Bass. Kein anderer Club Berlins ist musikalisch so offen und breit aufgestellt wie wir.

Wir haben schon einmal nach 15 Jahren einen Club verloren – Dank der ‚Gentrifizierung‘ im Prenzlauer Berg. Der Prenzlauer Berg war auch einmal bunt. Jetzt ist er es nicht mehr.

Seit fast vier Jahren betreiben wir nun das Gretchen auf dem ‚Dragonerareal‘. Jetzt haben wir Angst, dass wir auch hier vertrieben werden. Dass mit Kreuzberg das Gleiche passiert, wie mit dem Prenzlauer Berg. Dass die Kreativen und ‚kleinen Leute‘ verdrängt werden. Wenn wir nicht aufpassen, wird Berlin bald nicht mehr damit werben können, dass es bunt und interessant ist.

(Pamela Schobeß & Lars Döring, Gretchen)

Der Standort LPG Biomarkt am Mehringdamm ist seit 2003 das Mutterhaus der LPG. Zur Zeit arbeiten hier 80 Menschen, einschließlich unserer Verwaltung. Insgesamt hat die LPG 380 Arbeitsplätze in Berlin geschaffen. Die LPG ist seit 21 Jahren auch über Kreuzberg hinaus eine Institution im Biohandel geworden. 23.000 Mitglieder bilden den Kern der LPG-Kundschaft.

Bekanntlich haben wir als LPG zwei Mal gemeinsam mit Architekten und Wohnungsbaugenossenschaften am Bieter-Verfahren teil genommen und im Vorfeld bei Behörden, Bürgern in der BVV Sitzung und nicht zuletzt bei der BimA unser errechnetes und finanzierbares Konzept des bezahlbaren Wohnen und Arbeiten vorgestellt. Bei den Fachleuten in den Ämtern wurde dieses bürgernahe Konzept gut geheißen.

(LPG Biomarkt)

Seit 114 Jahren verarbeiten wir Naturstein in Kreuzberg und haben den Bezirk buchstäblich mit aufgebaut. In mehr als 40 Jahren auf dem Gelände ist uns unsere Werkstatt nicht nur Existenz, sondern auch Heimat geworden. Ein Umzug mit unseren riesigen Maschinen ist kaum zu bewältigen.

(Wedig Marmorwerk)

Unsere Polsterwerkstätten sind seit 38 Jahre auf diesem Gelände. Es sind damals 200.000 DM investiert worden, um die Firma gut aufzustellen. Als Person bin ich als einziger Polsterer in Berlin 54 Jahre lang selbständig. Mit 23 Jahren die Meisterprüfung gemacht, heute 77 Jahre alt und noch in Arbeit. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass mein Sohn diese Tradition (Familienunternehmen) weiterführt.

(Bodo Surma, Surma Polsterwerkstätten)

Die in Berlin zunehmende Tendenz einer Ent-Lokalisierung durch die Veräußerung zentraler Grundstücke an ausländische Immobilieninvestoren sollte rundum nachdenklich stimmen. Gerade dann, wenn Kiez- und Kreativszenen zu den Leidtragenden dieser Strategie werden, die andererseits so gerne als Attraktivitäts-Merkmal der Stadt hervorgehoben werden.

Es wäre eine Entwicklung wünschenswert, die an das Potenzial einer gewachsenen Infrastruktur anknüpft, sie erhält und nicht zugunsten einer spekulativen, profitorientierten Verdichtung verdrängt. Die Stadt muss verhindern, dass an so zentralen Orten wie dem Areal um den Hauptbahnhof oder wie hier im Herzen Kreuzbergs aufgrund mangelnder stadtplanerischer und sozialkompetenter Konzepte weitere Bebauungs-Brachen entstehen.“

(Silvie Jo Buschmann, Galerie Circus)

Seit 30 Jahren führen wir unseren Autoservice als Familienbetrieb auf dem Gelände. Mein Vater hat damals noch selbst und auf eigene Kosten den Weg zu unserer Werkstatt asphaltiert, weil hier nur Schotter war. Bis Ende März hatten wir noch 30 Mitarbeiter, aber dann wurde uns – mit Hinblick auf den Verkauf des Geländes- eine Halle gekündigt. Über 20 Leute mussten wir entlassen.

(SanliAutoservice GmbH)

Seit 11 Jahren führen wir auf dem Gelände eine Taxischule, unseren Taxibetrieb mit Büros sowie eine Werkstatt. Dafür brauchen wir Platz. Für uns ist es ideal, alles an einem Ort zu haben. Das ist sonst nur in Berlins Randbezirken möglich.  Wir beschäftigen insgesamt mehr als 50 Angestellte und haben gerade alles komplett renoviert.
(Metropol Taxischule & Service)

Als Software-Unternehmen ist für uns der interdisziplinäre Austausch mit diversifizierten Kultur-Veranstaltungsorten – das Gretchen ist dafür einer der wichtigsten Orte Berlins – überlebenswichtig. Hier lernen wir nicht nur, was unsere Kunden wollen, sondern treffen auch auf Entwickler, Blogger und Designer. Kreative, mit denen wir direkt oder indirekt zusammen arbeiten. Wir haben uns sehr bewusst dafür entschieden, unser Büro in das Gretchen zu verlegen, da wir hier von der kulturellen Vielfalt profitieren, die wir an anderen Standorten bisher so nicht vorgefunden haben. Es wäre auch für uns als Unternehmen im Aufbau ein herber Rückschlag, wenn wir diesen optimalen Standort wieder verlieren würden.

(Netzwiese, Strategie und App Entwicklung)

Seit über 30 Jahren führen wir hier auf dem Gelände unseren KFZ-Meisterbetrieb, spezialisiert auf Lackierarbeiten. Wir sind ein Familienbetrieb. Unser jüngster Sohn ist bei uns gerade mitten in der Ausbildung, unser ältester geht ab Sommer auf die Meisterschule. Beide sollen gemeinsam die Firma weiterführen.

(Türk Car, KFZ-Meisterbetrieb)

Unser Familienbetrieb ist seit 1998 hier auf dem Gelände. Wir sind vor allem Anlaufstelle für viele Gastronomen hier im Kiez, aber auch aus den angrenzenden Bezirken. Wir haben schon geguckt: Wir würden im Zentrum keine neue Fläche finden, die passt.

(Demircan Cash & Carry Handels GmbH)

Wir sind seit fast 20 Jahren hier. Nach Abschluss der Meisterschule habe ich vor zwei Jahren den Betrieb von meinem Vater übernommen. Zur Zeit haben wir zwei Lehrlinge. Insgesamt leben vier Familien von unserer Werkstatt.
Unsere Kunden kommen hauptsächlich aus dem Kiez. Andere kommen wegen der guten öffentlichen Verkehrsanbindung. Hier in der Gegend gibt es keine Zukunft für uns, falls wir unsere Werkstatt verlieren. Unsere Kunden würden nicht mitkommen, wenn wir in irgendeinen Außenbezirk müssten.

(Auto Klas, KFZ-Meisterbetrieb)

Als Promotion-Agentur arbeiten wir hauptsächlich mit Kulturschaffenden zusammen. Wir sind angewiesen auf eine zentrale Lage, um schnell von unseren Kunden erreicht werden zu können. Am Stadtrand können wir nicht arbeiten.

(Icon On Streets Promotion)

Ich bin hier seit 10 Jahren mit fünf Mitarbeitern. Anfang 2007 habe ich 180.000€ in Lackanlage, Hebebühnen, Türen, Jalousien investiert. Mein Sohn ist fast mit der Ausbildung fertig und soll im Anschluss den Betrieb übernehmen. Wenn wir unseren Standort hier verlieren, verliert mein Sohn seine Zukunftsperspektive.

(T.R. KFZ-Werkstatt)

Wir betreiben unsere Werkstatt hier seit 1994 und betreuen hauptsächlich Stammkunden aus Kreuzberg. Wir haben uns schonmal umgesehen: Wenn wir hier wegmüssen, werden wir nichts passendes im Kiez finden. Unsere Kunden sind wir dann los.

(KFZ-Meisterbetrieb S&K)

Seit 1999 habe ich meine Werkstatt auf dem Gelände. Vorher war ich am Gleisdreieck. Da wurden dann alle gekündigt, weil abgerissen und neu gebaut werden sollte. Hier habe ich ungefähr 100.000€ investiert. Ich bin 51 jahre alt. Ich kann nicht noch einmal von vorn anfangen.

(Orhan Tosun, Auto-Sun)

Als selbstständiger Elektriker bertreue ich viele Künstler und kleine Galerien im Kiez. Ohne meine Werkstatt vor Ort wird mir das zeitlich und finanziell nicht mehr möglich sein.

(Ralf Schulte, Elektriker)

Wir verkaufen Gasflaschen, reparieren Dönermaschinen und Friteusen. Seit acht Jahren haben wir hier Lagerfläche, die wir täglich nutzen. Wir wohnen alle hier im Kiez. Wäre unser Lager nicht so zentral gelegen, könnten wir nicht mehr alle Kunden bedienen.

(Mega Gas & Gastronomie)

Ich bin in Kreuzberg aufgewachsen und wohne in der Nachbarschaft. Seit ungefähr zehn Jahren züchte ich meine Tauben auf dem Gelände. Ich bin fast jeden Tag hier.

(Asim Cim, Taubenzüchter)

 

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